Roter Faden Schweiz – 6. August 2025: Mit Hoffnung, Kultur und hartem Handel
Guten Morgen, liebe Community! Gestern habe ich den Auftakt meiner neuen Serie gemacht, heute folgt der zweite Teil. Als politisch linke Person schaue ich auf das Tagesgeschehen mit der Frage: Was bedeutet das für eine solidarische, ökologische und demokratische Schweiz? Die wichtigsten Meldungen dieses Mittwochs vermitteln uns eine Mischung aus Hoffen und Bangen.
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1. Last-Minute‑Mission in Washington: Präsidentin Keller‑Sutter kämpft gegen Trumps Zollkeule
In der Zollkrise kommt es zum Showdown: Bundespräsidentin Karin Keller‑Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin sind nach Washington gereist, um vor Inkrafttreten der 39%‑Zölle auf Schweizer Exporte am Donnerstag noch eine Lösung zu finden. Nach Angaben des US‑Aussenministeriums trifft sich Keller‑Sutter heute mit Aussenminister Marco Rubio. Die Delegation hofft, die Strafzölle, die Uhren, Maschinen und Schokolade treffen würden und laut Ökonomen tausende Jobs gefährden, zu entschärfen.
Ich finde es bemerkenswert, wie schnell Bern reagiert – doch zugleich erinnert mich diese Hektik an die Schwäche eines auf Exporte fixierten Wirtschaftssystems. Statt immer höhere Zugeständnisse wie den Kauf von US‑Flüssigerdgas zu machen, sollten wir über Alternativen diskutieren: Ausbau unserer sozialen Infrastruktur, grüne Industriepolitik und weniger Abhängigkeit von unberechenbaren Autokraten. Dass Gewerkschaften einen Stopp des F‑35‑Kampfjet‑Deals verlangen, zeigt, dass es progressive Antworten gibt, die die Interessen der Beschäftigten in den Mittelpunkt stellen.
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2. Plastikflut vor der Haustür: Genf als Bühne für ein historisches Umweltabkommen
Während in Washington die Wogen schlagen, öffnet in Genf der zweite Teil der fünften Verhandlungsrunde über ein globales Plastikabkommen (INC‑5.2) seine Tore. Mehr als 3 700 Delegierte aus 184 Ländern verhandeln vom 5. bis 14. August über einen verbindlichen Vertrag gegen Plastikverschmutzung. Inger Andersen, Chefin des UNO‑Umweltprogramms UNEP, warnte zu Beginn, dass wir sonst „im Plastik ertrinken“ und die Gesundheit des Planeten gefährden. Katrin Schneeberger vom Bundesamt für Umwelt mahnte: Jetzt sei die Zeit, die gesamte Lebensdauer von Kunststoffen zu regeln und solidarisch die vom Müll besonders betroffenen Regionen zu unterstützen.
Als Linker sehe ich hier eine riesige Chance: Die Schweiz hostet diese Konferenz und kann sich als Vorkämpferin für ein ambitioniertes Abkommen profilieren. Der Vertrag muss nicht nur die Produktion einschränken, sondern auch globale Lieferketten gerecht umgestalten und Kreislaufwirtschaft fördern. Die Konzerne, die am Plastik verdienen, sollten für die Schäden zahlen. Es braucht also Druck von unten, damit das Abkommen mehr wird als ein zahnloser Tiger.
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3. Locarno 78: Kulturgenuss zwischen Himmel und Leinwand
Zum Schluss eine kulturelle Erfrischung: In Locarno startet heute die 78. Ausgabe des Filmfestivals. Vom 6. bis 16. August verwandelt sich die Piazza Grande in das wohl schönste Open‑Air‑Kino der Welt. Unter dem Sternenhimmel werden 221 Filme gezeigt, darunter 99 Weltpremieren. Die Eröffnungsfeier findet mit der Premiere von Le Pays d’Arto statt, später folgen Klassiker wie The Shining und Schweizer Produktionen wie The Deal von Jean‑Stéphan Bron, der an internationale Atomverhandlungen erinnert.
Als Filmfan erfüllt es mich mit Stolz, dass ein schweizerisches Festival solch vielfältige Geschichten präsentiert. Der künstlerische Leiter Giona A. Nazzaro betont, das Programm stehe für „lebendiges, notwendiges und gewagtes“ Kino. Gerade in Zeiten politischer Krisen brauchen wir Räume für Fantasie und Kritik. Das Locarno Festival zeigt, dass Kultur eine andere Art von Pardo – ein Leopard – sein kann: stark, verspielt und unbequem. Nutzen wir diese Energie, um über den Tellerrand zu schauen und die Welt, in der wir leben wollen, gemeinsam zu erträumen.
Das war die zweite Ausgabe meinerSerie. Morgen geht es weiter – bis dahin freue ich mich über eure Kommentare und Diskussionen!