[Maldaptive Daydreaming] Wenn Tagträume zum Problem werdensteemCreated with Sketch.

in Deutsch Unplugged3 months ago

Herzliches Hallo an alle,

Tagträume erlebt bestimmt jeder, wenn auch nur ab und an. Gerne verliert man sich in Tagträumereien, weil einem langweilig ist, man gerade Zeit dazu hat, oder weshalb auch immer.

Doch ab wann können diese Tagträume zum Problem werden?

Maldaptive Daydreaming ist noch keine offiziell anerkannte psychische Erkrankung, jedoch eine Begleiterscheinung, z.B. bei Traumata. Viele flüchten sich in ihre Gedankenwelt, weil sie dort sicher sind, weil sie dort die Kontrolle haben und weil es dort einfach schöner ist, als die Realität. Manche berichten davon, dass sie sich ihren eigenen Charakter in ihrem Kopf zusammenstellen und leben diesen dann aus. Andere verlieren den Bezug zur Realität, können z.T. nicht mehr unterscheiden, was nun real und was ein Tagtraum ist. Man lebt einfach in seinem Kopf, weil dieser sich viel realer anfühlt, als die Realität.

Zumindest konnte ich das so recherchieren und wahrnehmen vor einigen Tagen.

Wie stoß ich auf diesen Begriff?

Ganz zufällig kam mir eines Abends der Gedanke, dass es doch komisch sei: Ich stelle mich manchmal vor Gericht vor (Anklage: Weshalb auch immer) und merke, wie ich im echten Leben plötzlich wütend werde. Weil das Gericht eben unfair ist (oder zumindest war, damals bei mir, als nicht auf das Wohl des Kindes geschaut wurde...) und ich das dem Gericht mal vortragen möchte irgendwie. Dann mahl ich mir das Szenario in meinem Kopf aus, wie ich Richter beleidige usw. und am Ende mit mehr Anklagen nach Hause komme als ich vor Gericht gelandet bin^^ Und dann merke ich im echten Leben, wie ich wirklich wütend werde, also wie die Wut in mir aufsteigt - obwohl dieses Szenario ja nur ausgedacht in meinem Kopf existiert. Also, warum werde ich dann in echt wütend!?

Also fragte ich das an ChatGPT und es gab mir einige Gründe warum das sein könnte. Unter anderem eben das Maldaptive Daydreaming. Nach weitere Fragen zu dem Thema würde das in etwa hinkommen bei mir, meiner Meinung nach. Auf jeden Fall wäre es ein guter Anhaltspunkt für das nächste Gespräch beim ZPG.

Das Problem bei mir ist, dass ich immer sehr überzeugt von meinen Tagträumen bin. Auch wenn sie meist eher harmlos sind, bpsw. eine Community Gründen, oder ein technisches Gadget, oder so was in die Richtung, kann es auch schnell kippen und sich auf meine Arbeit oder Beziehung auswirken.

Krieselt es z.B. in der Beziehung, weil ich die Idee der nie endenden Party hatte, von der ich neulich erzählt habe, und diese unbedingt umsetzen möchte, aber meine Freundin dies wegen des Konsums nicht zulässt, drängt es mich dazu schluss zu machen und ich bin dann voll überzeugt davon. Dann denke ich viel darüber nach, stelle mir ein Leben ohne sie vor, aufkommende Probleme und dessen Lösungen, usw. Und wenns dann ganz blöd läuf und ich zu 100% davon überzeugt bin, dann ziehe ich plötzlich den Schlussstrich. Ist zum Glück noch nicht vorgekommen, dank unseres Sohnes, aber trotzdem besteht das Risiko dafür.

Vielleicht ein besseres Beispiel: Meine damalige beste Freundin. Keine Ahnung warum, aber wenn wirbkontakt haben, geht es ganz schnell, dass ich mir ein Leben mit ihr ausmahle. Wie schön das doch sei, dass sie die Richtige für mich ist usw. Auch wenn ich das nicht möchte, aber mein Gehirn träumt dann die ganze Zeit von diesem Leben und verzerrt dann meine Realität. Ich muss dann mit ihr zusammen sein. Auch wenn vieles dagegenspricht, objektiv, aber subjektiv findet mein Kopf ganz schnell eine Lösung, warum es trotzdem klappen würde usw.

Das ist dasselbe wie beim ersten Gespräch mit der aktuellen Psychologin: Sie sagte mir damals direkt ins Gesicht: "Du willst koksen" und das trifft mich dann ziemlich, weil wenn es so kommt, dann ja, natürlich will ich koksen/konsumieren, ist viel schöner, wenn man druff ist. Aber objektiv betrachtet bin ich doch irgendwie froh, nüchtern zu sein, weshalb ich eine feste Arbeit habe, der ich nachgehen kann, ohne komplett verpeilt zu sein usw.

Aber wenn ich mir jetzt aussuchen dürfte zu konsumieren, oder die feste Arbeit usw. dann wäre meine Entscheidung ganz klar das Konsumieren... Auch weil mir das viel mehr gegeben hat damals, als die Realität. Mein Gehirn fängt dann einfach an sich das Leben mit Konsum wieder vorzustellen, die schönen Seiten natürlich, ich muss mir dann immer wieder in den Kopf rufen, dass ich dann der Arbeit nicht mehr nachkommen könnte, weil ich noch bekifft vom Tag zuvor bin, oder ich die Nacht durchgemacht habe, usw. und daher meine Arbeitsleistung nachlassen würde, weshalb ich irgendwann rausgeschmissen werde. Eine Neue würde ich schwer finden, weil ich eben konsumiere und wenn dann nur eine die mir nicht gefällt, weshalb ich wieder unzufrieden bin und daher mehr konsumiere, weshalb ich wieder rausgeschmissen werde, usw. Und ohne Arbeit geht's halt auch nicht. Dann bekomme ich kein Geld, müsste mein Erspartes aufbrauchen, was auch nicht bis in alle Ewigkeiten hält und dann müsste ich entweder auf der Straße leben unf kriminell werden, um mir meine Dosis zu besorgen, oder ich müsste wieder den langwierigen Prozess des Clean-Werdens durchlaufen und wieder von 0 anfangen...

Das erklärt auch, warum ich depressiv werde, ohne Depressionen zu haben: Mein Gehirn hat dann den Tagtraum, wie scheiße das Leben ist, ich werde durch die Routine unzufrieden, auch wenn ich diese brauche, es macht ja eh alles keinen Sinn usw. Und diese Gedanken sind dann zu real für mich, weshalb ich den Tagtraum dann lebe und eben depressiv werde. Sicherlich spielt die Reduzierung der Medikamente auch eine Rolle dabei, sie machen meine Stimmung etwas depressiver, aber mein Kopf macht das dann so real, dass er aus einer Mücke einen Elefanten macht, sozusagen, weshalb es mich so hart trifft.

Klar, ist keine Diagnose, sondern lediglich eine Selbsteinschätzung. Aber ich werde dieses Thema definitiv beim nächsten Termin aufgreifen, denn es macht einfach so viel mehr Sinn, als Autismus. Weil Autismus, ja, sehe ich mich in vielen Punkten wieder. Andererseits kann ich mir auch viele dieser Punkte bei mir logisch erklären. Verknüpft man das ganze dann noch mit Maldaptive Daydreaming, habe ich natürlich die Diagnose Autismus. Ich recherchiere und informiere mich über das Thema, um zu verstehen, was ich haben könnte, ob es zutreffen könnte usw. und merke dann, dass es irgendwie zutrifft und habe im Kopf dann den Film laufen "Ich habe Autismus" und verhalte mich dann dementsprechend so.

Auch den entwickelten Charakter in meinem Kopf merke ich z.T. besonders wenn es um Gespräche mit der Freundin geht. Ich möchte etwas sagen, aber denke mir, dass das untypisch für mich ist, wenn ich von mir aus das jetzt spontan sage und sage es deshalb nicht. Das würde auf den selbstgebastelten Charakter in meinem Kopf zutreffen. Denn dieser Charakter würde das eben nicht sagen, daher sage ich es auch nicht. Auch wenn es vielleicht etwas Lustiges gewesen wäre, was meine Freundin zum Lachen gebracht hätte...

Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Termin und werde euch bestimmt auf dem Laufenden halten, was dabei herausgekommen ist ;)

Beste Grüße,
@dissi

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 3 months ago 

Also... Es gibt noch nicht so arg viel Literatur darüber und die bezieht sich jeweils auf die gleiche Quelle. Ich gehe demzufolge davon aus, daß wir die gleichen Artikel gelesen haben. Vielleicht hast Du allerdings aufgehört, als Du an der Stelle warst, wo es um frühere Traumata als mögliche Auslöser ging. Wunderbar; dann gibt es ja wieder Verantwortliche in der Vergangenheit... Paar Abschnitte später folgt dann jedoch der Zusammenhang zu Suchterkrankungen.

Nochmal also... Was war zuerst da? Ist Deine Weltsicht, Dein Frust, Dein Hadern ggf. doch irgendwie den Drogen geschuldet? Ja, mit denen hast Du angefangen, weil Du damit alles besser "ertragen" konntest. Aber was, wenn es dadurch erst unerträglich wurde?

 3 months ago 

Gute Frage ;)

Die Drogen tragen einen gewissen Teil bei, da es mir ja bei diesen Tagträumen viel um eine schnelle Dopaminausschüttung geht, weil ich mich sonst so leer fühle. Dasselbe geht mit Drogen auch. Also vermutlich kann es auch sein, dass ich diesen schnellen Dopaminkick von den Substanzen suche. Die darf ich nun nicht mehr wegen meiner Freundin, also suche ich mir den nächsten "schnellen Kick" und finde den dann gleich in meinen Tagträumen ;)

Um ehrlich zu sein, habe ich mich nur mittels ChatGPT informiert und bisschen über Reddit^^ Wobei, wenn es eh nur diese eine Quelle gibt, hat ChatGPT vermutlich von dieser vorgelesen, somit haben wir ja in der Sicht dann doch dieselben Quellen gelesen ;)

Aber das würde für mich total Sinn ergeben. Auch die Charaktere, die man bildet, habe ich doch einige gefunden bei mir. Für mich würde das auf jeden Fall mehr Sinn machen als Autismus ;) auch da MD durch Traumata ausgelöst werden kann und die Psychologin das bei mir kurz mal angesprochen hat, bevor es wieder mit Autimus weiterging, könnte es schon hinkommen. Bin auf jeden Fall gespannt auf den nächsten Termin, habe mit Hilfe von ChatGPT einiges zusammengetragen (vorallem wichtig meine Unzufriedenheit mit dem ZPG, weil es sich mehr nach Hamsterrad anfühlt und dann noch MD spezifisch, wie ich meine Tagträume erlebe, meine Charaktere, etc.), was ich ihr gerne vorzeigen würde und dann ihre Einschätzung zu bekommen :)


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@mikitaly


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 3 months ago Reveal Comment