ahuariatnunnuS
Sonntagsruhe – gespiegelt
[Dies ist das Gegenüber von https://steemit.com/dream-steem/@ty-ty/sunnuntairauha]
„Ein guter Ruf ist köstlicher als großer Reichtum und anziehendes Wesen besser als Silber und Gold.“
Nur diesen einen Satz las ich und schwieg, ohne die Augen von meiner Bibel zu lösen. Auch Aino schweigt. Wartet sie, dass ich weiter lese? Ich möchte aber, dass dieser eine Satz oder vielmehr dieser doppelte Satz auf sie wirkt, ohne weitere Ablenkung. Denn ich kenne Aino: sie würde sofort beginnen, darüber nachzudenken, wenn nichts sie dabei stört.
Die Hände auf ihrer Sonntagsschürze liegen ganz still, sie bewegt sich nicht. Und auch ich bewege mich nicht, sondern ich tue so, als würde ich für mich selbst weiter lesen. Aber meine Augen schauen durch das Buch hindurch. Wie hatte Emma am Morgen nach dem Dorffest gesagt? „Aino gerät in Gefahr!“ Mir war gleich klar, dass sie Juho meinte. Ein sympathischer Bursche, und im Gegensatz zu anderen augenscheinlich nicht mit vielen Mädchen gleichzeitig am Tändeln, sondern ganz Aino zugewandt. Aber er ist erst 18. Mein Gott, ich war selbst mal 18, ich kann mich erinnern, da kann man sich zwar wirklich schon auf eine konzentrieren, aber die aufwallenden Gefühle, wer kann die schon dauerhaft kontrollieren?
Da fällt mein Auge auf einen anderen Satz, und ich brumme ihn halblaut vor mich hin: „Gehorche deinem Vater, der dich gezeugt hat, und verachte deine Mutter nicht, wenn sie alt wird.“ Als ich Elisabeth kennen lernte, war das alles andere als ausgemacht. Also das Gehorchen, meine ich. Meine Mutter war noch nicht alt, damals noch nicht. Sie war ja keine zwanzig Jahre älter als ich selbst. Und damals war ich 18. Und da traf ich unerwartet Elisabeth…
Schnell blättere ich mal um. Aino soll nicht bemerken, dass ich grübele. Ja, dieses Dorffest. Es ist immer lustig und heiter, nur selten gibt es getrübte Momente, und wir gehen gerne hin, auch ich und meine Elisabeth. Aber wir gingen eher heim als die Kinder. Die sollen auch ein bisschen unter sich sein, es hat keinen Sinn, sie in diesem Alter ständig zu beaufsichtigen. Außerdem hofften Elisabeth und ich auf ein oder zwei Stunden ganz für uns. Das gelang ja auch. Als die Kinder nach Hause kamen, waren wir schon eingeschlafen nach einem unverkrampften Beischlaf. Wenn die Kinder im Haus sind, ist uns das nicht möglich, Elisabeth und mir.
Aino wird allmählich erwachsen. Aber Emma hat schon Recht, sie ist auch in Gefahr. Eine zu frühe Bindung, eine zu frühe Schwangerschaft, gar eine frühe Enttäuschung – das wollen wir nicht. Sie soll doch glücklich werden im Leben, in ihrem Leben, nicht depressiv durch Enttäuschung oder Kummer, und bei ihrem Hang zur Nachdenklichkeit scheint uns das nicht so sehr fern zu liegen. Emma ist seit ihrem Sturz, an dem ich Mitschuld trage, weil ich nicht gut genug aufgepasst hatte, trotz der dauerhaften Beeinträchtigung erstaunlicherweise frohsinnig geblieben. Und daran haben Onni und Helmi großen Anteil.
Auch Onni ist ein guter Junge, glaube ich, aber ganz anders als Juho. Wenn Juho ein Kind des Morgens ist und ein Mann der Tat zu werden scheint, so ist Onni ein Kind des Abends und wird eher ein Dichter oder ein Gelehrter, wenn sein Vater ihm das wird bezahlen können. Obwohl Onni ein gutes Jahr jünger als Emma ist, passt er auf sie auf wie ein Beschützer, ganz unauffällig, man merkt es kaum – aber Emma weiß es, sie hat es mir glücklich gebeichtet, wie nah sie sich ihm fühlt. Und seiner älteren Schwester Helmi.
Manchmal denke ich, diejenigen Jungs, die mit älteren Schwestern aufwachsen, bekommen ein anderes Gefühl für Mädchen als Jungs unter lauter Jungen oder mit ausschließlich kleinen Schwestern. Jedenfalls mag auch Elisabeth diesen Onni recht gern, während sie vor Juho ein bisschen Scheu hat. „Der ist, wie du warst!“, sagt sie dann spöttisch zu mir.
Da steht Aino ganz plötzlich auf und sagt mit fester Stimme: „Ich muss mit Emma reden!“ Und nachdem ich mein Erstaunen etwas überwunden habe, sage ich so sanft wie möglich hinter ihr her: „Sie liegt drinnen in der Stube und wartet auf dich, Aino.“
Albert Gebhard, „Sunnuntairauha“ (Aquarell, 1896) [gespiegelt / mirrored]
Sunday rest – mirrored
[This is the counterpart to https://steemit.com/dream-steem/@ty-ty/sunnuntairauha]
‘A good reputation is more desirable than great riches, and to be esteemed is better than silver or gold.’
I read only this one sentence and remained silent, without taking my eyes off my Bible. Aino is silent too. Is she waiting for me to continue reading? But I want this one sentence, or rather this double sentence, to have an effect on her without further distraction. Because I know Aino: she would immediately start thinking about it if nothing disturbed her.
Her hands lie very still on her Sunday apron, she doesn't move. And I don't move either, but pretend to continue reading for myself. However, my eyes look through the book. What had Emma said the morning after the village festival? ‘Aino is in danger!’ I knew immediately that she meant Juho. A likeable lad, and unlike others, apparently not flirting with many girls at the same time, but completely devoted to Aino. But he's only 18. My God, I was 18 myself once, I remember, you can really focus on one person, but who can control their surging emotions in the long run?
My eye falls on another sentence, and I mumble it to myself in a low voice: ‘Obey your father who begot you, and do not despise your mother when she grows old.’ When I met Elisabeth, that was anything but a given. I mean the obeying part. My mother wasn't old yet, not back then. She was only twenty years older than me. And I was 18 at the time. And then I unexpectedly met Elisabeth...
I quickly turn the page. I don't want Aino to notice that I'm brooding. Yes, this village festival. It's always fun and cheerful, there are rarely any gloomy moments, and we like to go, even me and my Elisabeth. But we went home earlier than the children. They should also be on their own for a bit; there's no point in constantly supervising them at this age. Besides, Elisabeth and I were hoping for an hour or two all to ourselves. And we got it. When the children came home, we had already fallen asleep after a relaxed time of lovemaking. When the children are in the house, that's not possible for Elisabeth and me.
Aino is gradually growing up. But Emma is right, she is also in danger. A premature relationship, a premature pregnancy, even an early disappointment – we don't want that. She should be happy in life, in her life, not depressed by disappointment or grief, and with her tendency to be thoughtful, that doesn't seem so far-fetched to us. Since her fall, for which I am partly to blame because I didn't pay enough attention, Emma has remained surprisingly cheerful despite her permanent disability. And Onni and Helmi have played a big part in that.
Onni is also a good boy, I think, but very different from Juho. If Juho is a child of the morning and seems destined to become a man of action, Onni is a child of the evening and will probably become a poet or a scholar, if his father can afford it. Although Onni is a good year younger than Emma, he looks after her like a protector, very discreetly, you hardly notice it – but Emma knows it, she happily confessed to me how close she feels to him. And to his older sister Helmi.
Sometimes I think that boys who grow up with older sisters develop a different feeling for girls than boys who are surrounded by other boys or who only have little sisters. In any case, Elisabeth also likes Onni quite a lot, while she is a little shy around Juho. ‘He's just like you used to be!’ she says to me mockingly.
Suddenly, Aino stands up and says in a firm voice, ‘I need to talk to Emma!’ And after I've recovered from my surprise, I call after her as gently as possible, ‘She's inside in the living room waiting for you, Aino.’
Translated with DeepL.com (free version), proof read and corrected by the author, me and ty-ty
Ich musste schmunzeln als ich las, dass die Brüder großer Schwestern ein anderes Gefühl für Mädchen entwickeln könnten.
Die Ehen beider meiner Brüder sind zerbrochen. Es wird nicht der Grund gewesen sein, aber es war schon auffällig, dass beide ihre Frauen in ernsteren Gesprächen mit „Chriddi“ anspra(e)chen. Zum Glück können wir alle Fünf darüber lachen.
Meine Männer? Waren allesamt kleine Brüder… 😉
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Hm, schade um die zerbrochenen Beziehungen - aber ich denke, das ist nicht das, was ich gemeint habe.
(Im übrigen kann mein Gedanke natürlich auch kläglich daneben sein.)
In meinem persönlichen Bekanntenkreis habe ich jedenfalls nie Frauenverächter (welche durchaus dauerhafte Beziehungen zu führen vermögen - aber eben führen) gehabt unter denen mit großen Schwestern. - Es hängt dabei vielleicht auch ab von der Altersdifferenz.
Ich selbst bin groß beschwestert und lebe in meiner dritten Beziehung. Aber der Grund dafür ist deifinitiv nicht mangelnde Empathie in Mädchen- oder Frauenherzen.
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