Da liege ich nun flach, mir geht’s richtig dreckig
Die letzte Nacht war die Hölle – mehrmals Schüttelfrostattacken, starke Halsschmerzen, kaum Luft bekommen. Klar, ich hab schon Schlimmeres hinter mir, aber das erinnert mich an Zeiten, in denen ich mit einer Sondeninfektion fast den Löffel abgegeben hätte. Ich hatte dazu damals mal einen Beitrag geschrieben, den krame ich wohl mal wieder raus, um ihn noch einmal zu veröffentlichen.
Bei mir ist das leider immer mit Depressionen verbunden. Wenn man krank im Bett liegt, kurz einschläft, wieder aufwacht, keine Ruhe findet – dann geht einem alles Mögliche durch den Kopf. Vor allem, wie still es um einen wird, wenn man im Grunde allein ist.
Ich hab zwar eine Freundin und einen Sohn, aber die sind meist nur am Wochenende da. Dann genießen sie die Vorzüge vom „Hotel Jacob“ im tiefen, dunklen Wald – mit Rundumversorgung natürlich. Nur ist das meist ein einseitiges Schwert. In Dresden hatten wir uns noch vorgenommen, dass jeder mal einen Tag plant, aber als ich dran war, sind wir nach Hause gefahren, weil der Sohn krank geworden ist. Kein Problem, dafür kann er ja nichts, ich hab mich dann die nächsten Tage um ihn gekümmert, Suppe gekocht, Tee gebracht – alles kein Thema. Nur wenn’s mir selbst schlecht geht, hilft all das nichts. Dann ist man trotzdem allein.
Auch hier zu Hause bin ich meistens auf mich gestellt. Klar, meine Freundin macht bei den Gästewechseln das Ferienhaus sauber, der Sohn hilft mal alle paar Wochen beim Rasenmähen, aber 95 % der Arbeit an Häusern und Grundstücken hängen an mir. Viele denken, ich hätte Glück – in Wahrheit schaffe ich das alles allein – aber es fällt mir immer schwerer.
Heute jammere ich mal ein wenig. Das darf man auch, wenn man krank ist und sich in diesem dunklen Loch wiederfindet. Ich diktiere das hier, weil mir so vieles durch den Kopf geht – nicht nur heute, sondern seit Wochen, Monaten, vielleicht Jahren.
Wer mir länger folgt, weiß, dass ich versuche, sozial zu handeln. Aber ich merke, dass ich mich oft verzettle. Ich habe zu viele Projekte gestartet, die ich kaum noch schaffe. Es sind fast alles Ein-Mann-Aktionen, und ich gehe längst über meine Grenzen hinaus.
Täglich bekomme ich Dutzende Nachrichten – viele bitten um Hilfe. Ferienplätze, Lebensmittelpakete, finanzielle Unterstützung. Manche schicken mir einfach ihre Bankverbindung mit der Bitte, Geld zu überweisen. Ich will helfen, aber ich kann nicht allen helfen. Meine Möglichkeiten sind begrenzt, egal ob über Patenschaften oder aus eigener Tasche. Und ehrlich: Manche, die schreiben, gehören wohl eher nicht zu den wirklich Bedürftigen. Ein bisschen Käse oder Wurst stillt keinen Hunger – das ist nur ein kleines Extra. Noch schlimmer ist, wenn man ständig absagen muss.
Und dann meine neuen Ideen – wie die Aktion mit dem Plätzchenbacken und der neuen Community. Plätzchen für soziale Einrichtungen oder Menschen, denen es nicht gut geht. Aber wie soll ich neue Gruppen aufbauen, wenn ich mich schon um die bestehenden kaum kümmern kann? Mein Netzwerk hat inzwischen über 600.000 Mitglieder. Ihr könnt euch vorstellen, wie viele Nachrichten da jeden Tag reinkommen. Das ist im Grunde ein Vollzeitjob – unbezahlt, ehrenamtlich.
Auch das Ferienhaus, in dem Menschen kostenlos Urlaub machen können, halte ich weitgehend allein am Laufen. Dazu die Organisation der Lebensmittelpakete im Winter, das ganze Schreiben, Koordinieren – es ist Wahnsinn, wie viel Zeit das frisst. Und trotzdem komme ich auf die Idee, ständig Neues anzufangen. Ich will Freude machen, ja – aber ich übersehe, was das mit mir macht.
Kurz gesagt: Ich bin überfordert. Ich schreibe das offen, vielleicht auch, weil ich gerade einen Haufen Medikamente genommen und vor einer Stunde eine Valium eingeworfen habe, um den Kopf mal leer zu kriegen. Vielleicht schreibt man dann ehrlicher.
Und dann komme ich ernsthaft auf die Idee, ständig neue Sachen zu initiieren. Ich denke nur daran, an den Kanal von mir, den man abonnieren kann. Es sieht so aus, als würde ich mich um die Abonnenten im Grunde überhaupt nicht kümmern. Auch hier versuche ich einmal im Monat oder alle zwei Monate, denjenigen eine kleine Freude zu machen, aber auch das wird immer mühseliger, da es auch von der Logistik und vom Aufwand her ein nicht zu unterschätzendes Unterfangen ist.“
Der Witz an der Sache ist: Ich war tatsächlich gerade dabei, ein Mehrgenerationenwohnhaus mit 6 Wohungen zu planen. Ganz in der Nähe, Richtung Emleben, hätte ich von jemandem eine große Immobilie bekommen können – mit der einzigen Bedingung, dass der jetzige ältere Eigentümer dort wohnen bleiben darf. Nach seinem Tod sollte das Haus dann den Bewohnern überschrieben werden.
Eigentlich eine tolle Idee, oder? Aber heute habe ich beschlossen, das Ganze nicht weiterzuverfolgen. So ein Projekt würde wieder Unmengen an Zeit, Arbeit und Kraft kosten – und genau das kann und will ich im Moment nicht mehr aufbringen. Ich merke einfach, dass ich sonst komplett auf der Strecke bleibe.
Und bevor jemand auf dumme Gedanken kommt: Nein, bitte schreibt mir deswegen nicht. Ich vermittle das nicht weiter. Das war eine reine Gefälligkeit mir gegenüber, weil ich den Mann seit vielen Jahren kenne – und er eben weiß, was ich hier alles mache.
Das eigentliche Problem: Ich vergesse mich selbst völlig. Über 100 Stunden pro Woche ehrenamtlich zu arbeiten – mit über 60 und angeschlagener Gesundheit – das ist einfach nicht mehr machbar. Ich mache es freiwillig, gerne, und freue mich über jede Hilfe, die ankommt. Aber immer öfter habe ich das Gefühl, dass viele nur nehmen wollen. Heute beim Lesen unzähliger Nachrichten wurde mir das wieder klar. Trotzdem bleibe ich dabei: Niemand muss mir seine Bedürftigkeit beweisen. Ich will weiter glauben, dass die meisten ehrlich sind.
Aber ich muss etwas ändern. Ich werde meine Aktivitäten reduzieren, sonst geht das hier irgendwann richtig schief. Ich möchte auch mal wieder ein Stück Leben für mich selbst.
Eigentlich wollte ich dieses Wochenende acht Ringe fertigen – 16 Stunden Arbeit – aber ich liege flach. Der Raum ist eiskalt, die Heizung läuft nicht, und offen gesagt: Ich habe keine Lust, den Ofen in der Küche anzumachen, der auch das Schlafzimmer mitheizt. Dann zahle ich lieber 10 Euro am Tag für Strom, um es mit dem Heizstrahler auszuhalten.
Trotz allem weiß ich, dass es mir besser geht als vielen anderen, die hier mitlesen. Viele sind wirklich allein, haben niemanden, der sich kümmert, wenn’s ihnen schlecht geht. Je älter man wird, desto härter trifft einen die Einsamkeit – und die zieht einen tief runter.
Ich habe immerhin ein Dach über dem Kopf. Wenn’s mal gar nicht mehr geht, kann ich immer noch jemanden unentgeltlich hier in einem separaten Appartement wohnen lassen, der sich mit um das Haus kümmert. Und ich habe ein wenig vorgesorgt, falls ich einmal Pflege benötige, um eine Pflegekraft hier eben wohnen zu lassen und diese dann auch bezahlen zu können. Eine Rente bekomme ich zwar nie, aber das ist okay, denn ich habe auch nichts eingezahlt. Bedeutet aber auch, ich muss meine KV bis ans Lebensende bezahlen.
Am Ende ist das hier wohl ein ordentlicher Jammerpost geworden – aber was soll's. Manchmal muss das einfach raus. Wer bis hierher gelesen hat, weiß wenigstens, wie’s gerade in mir aussieht.
Also ich hoffe, in zwei, drei Tagen geht es mir wieder besser und dann kommen nicht so depri‑Beiträge, sondern wieder Beiträge, die aufbauen und ein wenig Hoffnung machen - vielleicht sogar dann wieder mir selbst :)
So, jetzt lege ich mich wieder hin und träume vielleicht davon, wie ich – so wie auf dem Foto, das übrigens vor 17 Jahren aufgenommen wurde – am Ionischen Meer liege. Glückliche Tage damals, als Griechenland fast 16 Jahre lang unsere Heimat war.
Lieber Holger,
ich wünsche dir gute Besserung. Pass auf dich auf und trete etwas kürzer. Unterstütze deinen Körper mit ausreichend Ruhe. Achtest du auf deine Vitamin Versorgung? Gerade bei Erkältungen hat man einen höheren Bedarf an Vitamin C. Zur Vorbeugung und fürs Gemüt ist Vitamin D wichtig.
Halt die Ohren steif 😉
Mann Holger... In etwa die Gedanken hatten wir, als wir Dich trafen. Falls Du jetzt von selber kürzer trittst, machst Du nix falsch. Oder anders - Du willst Gutes tun, aber das geht nicht, wenn Du Dich selbst ruinierst. Vermutlich juckt Dich diese schöne Erkenntnis nicht mehr, sobald Du wieder auf den Beinen bist, aber bis dahin: richtig so! Paß auf Dich auf.
Ich wünsch dir gute Besserung und es ist völlig Ok sich mal Diazepam zu gönnen um eine Krankheit gesund zu schlafen.
Du bist ein Engel! Umsonst Ferien machen, dann die viele Hilfe von dir. Ich würde gerne mehr helfen aber bin selbst gesundheitlich und finanziell angeschlagen..
Hoffe du schreibst nächstes Mal dass es dir besser geht🙏
da kann ich nur eins sagen. Gute Besserung und ruhe dich aus. Hoffentlich ist bald alles wieder in Ordnung, wobeo du dich dann aber zurückhalten und nicht gleich wieder Bäume ausreissen solltest !
Congratulations!!

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Lieber @greece-lover,
Dein Post hat mich wirklich berührt. Du beschreibst so offen und ehrlich, wie es dir gerade geht – das ist mutig und authentisch! Gerade deine Verletzlichkeit macht den Beitrag so stark und nachvollziehbar. Viele hier im Steemit-Universum kennen das Gefühl, sich zu verausgaben und dabei selbst aus dem Blick zu verlieren. Deine Schilderung, wie du dich für andere einsetzt und dabei deine eigenen Grenzen überschreitest, ist ein wichtiges Thema, das viele angeht.
Ich finde es bewundernswert, wie du trotz allem versuchst, positiv zu bleiben und Hoffnung zu verbreiten. Und hey, jammern ist erlaubt, besonders wenn man krank ist! Ich hoffe sehr, dass du dich bald besser fühlst und wieder zu Kräften kommst. Deine Offenheit inspiriert und erinnert uns alle daran, auf uns selbst zu achten.
Danke für diesen ehrlichen Einblick! Ich wünsche dir gute Besserung und freue mich schon auf deine hoffnungsvolleren Beiträge!
Hab einen schönen Tag!