#309 Der Kurs ist kein Thron, sondern ein Lernweg

„Dieser Kurs bleibt innerhalb des Rahmens des Ego, wo er gebraucht wird.“
- EIN KURS IN WUNDERN, B-Einl.3:1
Ich will heute mal mit dir gemeinsam kontemplieren, wie wir Ein Kurs in Wundern einsetzen, um uns durch diese menschliche Erfahrung zu begleiten. Denn dafür ist der Kurs da, um uns hier zu begleiten. Verschiedene Menschen haben jeweils ein anderes Verständnis für den Kurs und wenden diesen dann auf unterschiedliche Weise im Alltag an. Das ist erst einmal vollkommen okay. Jeder hat seinen eigenen Lernweg mit Ein Kurs in Wundern. Kein Weg ist gleicht dem anderen. Jeder geht so, wie es sich im eigenen Herzen richtig anfühlt.
Doch gibt es m.E. eine oft missverstandene Begebenheit im Zusammenhang mit EKIW. Viele Menschen, die sich mit dem Kurs beschäftigen – oder manchmal auch nur oberflächlich davon hören – stoßen auf dieses scheinbare Paradox: Wenn alles Illusion ist, warum sollte ich dann überhaupt noch etwas tun? Genau diese Frage kontemplieren wir in der heutigen Folge gemeinsam.
Die perfekte Ausrede des Ego
Ich lande zum einen hier, wenn ich mit dieser Frage eine Pause einlege: Ja, Ein Kurs in Wundern sagt zwar, dass alles auf der menschlichen Ebene Illusion ist, jedoch kann diese Tatsache schnell als eine Art Ausrede genutzt werden, um nicht voll und ganz, angstfrei und mit offenem Herzen hier zu sein. Denn – ganz ehrlich – voll und ganz hier in der menschlichen Erfahrung zu sein, ist nichts für jemanden, dem der Schrecken tief im Herzen sitzt. So kann ein perfekter spiritueller Bypass entstehen: Der Lernweg wird dann darauf reduziert, pauschal darauf hinzuweisen, dass „alles eh nur Illusion“ ist. Sobald jemand etwas bewirken oder verändern möchte, wird er oder sie mit diesem einen Argument stumm gemacht – ganz gleich, worum es geht.
Doch lass uns das einmal wirklich zu Ende denken: Was ist, wenn jemand gerade gefeuert wurde? Wenn deine Eltern dich vernachlässigt oder missbraucht haben? Wenn du blutest, deine Wohnung verloren hast, eine Krebsdiagnose bekommst – oder deine Frau dich verlässt und dein Hund vom Auto überfahren wurde?
In solchen Momenten pauschal zu hören, „das ist alles nur Illusion“, fühlt sich für mich weder stimmig noch liebevoll an. Es gibt Situationen, in denen diese Wahrheit kraftvoll trägt – aber sie will gelebt werden, nicht als Floskel über andere gestülpt werden, die nicht einmal danach gefragt haben. Zudem, wie geht diese Person dann mit sich selbst um? Darf sie noch etwas essen oder trinken? Kleidung tragen? Ist doch auch alles Illusion.
Der Kurs richtet sich übrigens meiner Meinung nach mit dieser Wahrheit zuerst an uns – an die, die sich selbst als Schüler verstehen. Unsere Aufgabe ist es, diese Wahrheit vorzuleben, nicht mit erhobenem Zeigefinger zu verkünden. Damit wir Verbundenheit stärken – nicht Trennung.
Passivität und Überlegenheit ≠ Liebe
Der Kurs dient für uns als Lernende innerhalb dieser Welt der Illusion. Die Haltung: „Ich muss nichts tun, weil alles Illusion ist“, kann also leicht zu einer spirituellen Vermeidung oder spirituellem Bypass führen. Das haben wir uns grad angesehen. Das Ego liebt solche Konzepte, weil sie dich aus der Verantwortung entlassen und gleichzeitig ein Gefühl von spiritueller Überlegenheit (Besonderheit) vermitteln können.
Der Kurs lehrt jedoch nicht Passivität: „Bete darum, dass die WIEDERKUNFT bald sein möge, doch lass es darauf nicht beruhen. Sie bedarf deiner Augen und Ohren, Hände und Füße. Sie bedarf deiner Stimme. Am meisten aber bedarf sie deiner Bereitwilligkeit.“ Das klingt nicht passiv für mich.
Du bist also nicht hier, um dich von der Welt abzuwenden, sondern um durch deine liebevolle Haltung und ein Bewusstsein für deine tiefere Wahrheit, hier einen Unterschied zu machen. Mit Hilfe der Vergebung siehst du eine andere Welt und das, was du so siehst, diese neue Sicht, die teilst du dann mit deinen Brüdern. Nicht so sehr mit Worten, sondern durch dein authentisches Sein. Ich glaube übrigens, dass die von uns, die diese Wahrheit vollkommen durchdrungen haben, nicht apathisch sind, sondern genau das Gegenteil: Sie sind der Inbegriff von Mitgefühl und Nächstenliebe.
Bescheidenheit auf dem Lernweg
Der Kurs, so lesen wir im Handbuch für Lehrer, wirkt auf der Ebene des Ego, denn dort wird er benötigt. Das heißt: Das Ego folgt dir auf Schritt und Tritt, um dich weiterhin davon zu überzeugen, dass du irgendwie besonders bist. Das Ego liebt Besonderheit – und wird sie so schnell nicht aufgeben.
Wenn ich denke, dass ich den Kurs besser erfasst habe als andere und bereits zwei Zentimeter über dem Boden schwebe, hoffe ich, dass ich zur Bescheidenheit zurückkehre und mich hinterfrage: Was in mir verleitet mich dazu, diese Illusions-Antwort pauschal zu nutzen? Gebe ich damit wirklich – oder nehme ich eher?
Im Handbuch lesen wir zudem, dass nur ein vollkommener Lehrer, dessen Lernen vollständig ist, genügt, um die Welt zu erlösen. Ist die Welt, die du siehst, bereits erlöst? Dann bist du nicht dieser vollkommene Lehrer. Erneuter Appell an unser aller Bescheidenheit.
Mach dir nichts vor: Egal, wie lange dich der Kurs begleitet – du wirst in dieser menschlichen Erfahrung weiter stolpern, Fehler machen und Herausforderungen erleben. So zu tun, als hättest du den Körper überwunden, obwohl es offensichtlich nicht der Fall ist, ist kein Zeichen von Bescheidenheit – und mehr noch: Es ist einfach nicht authentisch. Meist scheitert es dann an der fehlenden Authentizität, weil wir heiliger tun als heilig.
Wir haben hier eine menschliche Erfahrung gebucht – warum machen wir sie nicht einfach mal ganz und gar mit offenem Geist und liebendem Herzen, anstatt sie andauernd herabzuwürdigen? Warum sind wir nicht einmal voll und ganz hier – mit dem Bewusstsein für unsere wahren Natur?
Ein Hoch Auf Deine Freiheit
Sätze wie: „Diese Welt ist nicht real – also ist alles egal“ oder „Andere Menschen sind Illusion – also brauche ich nicht zu helfen“ sollten idealerweise nicht als Rechtfertigung dienen, dass nichts zu tun ist und deine Hilfe unnötig. Die physische Welt ist nicht der HIMMEL, das stimmt. Doch empfinde ich es nicht als unsere Aufgabe, das andauernd überall pauschal zu verkünden. Wir müssen das als Schüler des Kurses wissen, im Bewusstsein tragen, aber nicht oberlehrerhaft jedem unter die Nase reiben. Damit ist meist niemandem geholfen. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass wenn ich so authentisch wie es mir möglich ist, lebe wovon ich überzeugt bin, ich am ehesten andere inspiriere. Jedoch bestimmen wir den Lernweg eines anderen nicht.
Letztendlich hat jeder das Privileg, den Kurs für sich so zu deuten, wie es ihm/ihr grad in den Kram passt. So wie es bei Jesus auch getan haben/tun. Wir haben ihn benutzt, so wie es uns in dem Kram gepasst hat – und tun es heute noch.
Auf diese Freiheit
Deine Peri