RE: Politik 052 - Wie trocknet man Steueroasen einfach aus?
Danke für den - wie immer bei Ihnen - sehr informativen und mit vielen Fakten, die auf mich sauber recherchiert wirken, gespickten Artikel.
Zu dem obigen Kommentar
"Für mich ist klar, dass man die Steueroasen gar nicht austrocknen will. Wenn es kein Problem ist, den halben mittleren Osten unter fadenscheinigen Gründen in die Steinzeit zurückzubomben, sollte es auch kein Problem sein, Bunga-Bunga-Inseln unter Kontrolle zu bekommen bzw. einfach platt zu machen. Will man aber nicht, da die feinen Herren da ihre Kohle abparken. "
möchte ich ein paar Gedanken / Fragen ergänzen:
-- Wer ist "man"?
-- Der ganze Tenor ist mir zu "verschwörerhaft": Der oben erwähnte Rahim T. sagt dazu stets, dass die allermeisten Pläne scheitern. Das gilt auch für Leute mit viel Einfluss.
-- Wichtiger als einen momentanen Status zu erkennen und zu beschreiben - die bösen globalen Eliten beherrschen uns usw. - scheint mir, die zu Grunde liegenden Dynamiken zu verstehen.
-- Aus meiner Sicht, ist es offensichtlich, dass die "globale Elite" keine homogene Gruppe ist, die einen großen Plan verfolgt. Vielmehr scheint es mir, dass wir es mit einer Gruppe Oligarchen zu tun haben, die durchaus unterschiedliche Ziele verfolgen und widerstreitende Interessen haben.
-- Beispielhaft möchte ich herausgreifen, dass einige der genannten "Steueroasen" direkt der britischen Königsfamilie gehören. An dem Punkt zeigt sich einerseits der geistige Horizont der Leute, die es für eine Enthüllung halten, dass die Besitzer der Steueroasen doch tatsächlich auch ihr "Geld" dort aufbewahren. Potzblitz, wer hätte das gedacht. Andererseits ist kaum anzunehmen, dass die britische Königsfamilie ein gesteigertes Interesse daran hat, dass dieser sicherlich recht einträgliche und auch ansonsten nicht unwichtige Geschäftszweig ständig in der Öffentlichkeit breit getreten wird. Das wird eher im Interesse des einen oder anderen Konkurrenten liegen.
-- Die Möglichkeit zur Nutzung von "Steueroasen" verläuft heute nicht mehr an der Grenze reich/arm sondern an der Grenze mobil/immobil. Das sagt auch Rahim T. in der oben erwähnten Sendung und publizierte es in der FuW (https://www.fuw.ch/article/steuermoral-oder-moral-der-steuern/). Dies wiederum führt zur Ausweitung der Nutzung von Steueroasen und ist mit Sicherheit ein Grund, dass es zu dem Thema verstärkt Veröffentlichungen gibt und der Versuch unternommen wird, durch Schüren von Hass auf Reiche die Mobilen von der Nutzung abzuhalten. Der Versuch ist aus meiner Sicht zum Scheitern verurteilt.
-- Zentralismus und Totalitarismus sind nicht wettbewerbsfähig und scheitern langfristig. Der Freiheitsdrang des Menschen ist Teil seiner ursprünglichen Lebenskraft. Dagegen "ist kein Kraut gewachsen", auch wenn die eine oder andere Momentaufnahme etwas anderes suggerieren mag.
-- Unabhängig von meiner o.a. Einschätzung, ist es faszinierend zu beobachten, wie die o.a. Strategie (oder Taktik) kurzfristig bei vielen Zeitgenossen (auch in meinem direkten Umfeld zu beobachten) verfängt und wie verhältnismäßig der alte Grundsatz "divide et impera" funktioniert.
Damit will ich es belassen und wünsche noch einen schönen Tag.
Herzlichen Dank für diesen 1A-Kommentar!
Ich kann dessen Inhalt eigentlich nur zustimmen, füge aber trotzdem einiges an meinen Gedanken hinzu, um den Austausch der Gedanken vielleicht noch etwas zu verbessern.
Zuallererst sollte ich vielleicht sagen, dass ich hier versuche, Informationen zusammenzusetzen oder so zu vernetzen, wie es sonst eher wenig getan wird. Wenn man sich ansieht, welchen Reward ich dafür bekomme, sieht man meist $ 4-10. Das steht für mich nicht absolut im Zentrum, aber ein wenig gibt es schon den Rahmen vor. Für $ 5 recherchiere ich nicht 10 Stunden. Deswegen gibt es auch vor allem Wikipedia-Links, aus denen man sich, wenn man möchte, doch etwas zusammenbauen kann. Ich versuche, alles sauber zu machen, in erster Linie für mich selber. Das Ergebnis wäre aber ein anderes, würde ich einige Wochen mit einer Recherche betraut.
Das erste Zitat geht wohl an Kommentator @leroy.linientreu, ich halte es für ein polemisches Statement ohne wissenschaftlichen Anspruch. Was er mit 'man' meint interpretiere ich so, dass gerade Menschen mit etwas grösserem Einfluss, ich sage das ohne eine Verschwörung oder böse Absichten herbeireden zu wollen, eine Privatsphäre wünschen und auch verteidigen. Bei Vermögenswerten geht das mit dem klassischen Bankkonto und Wohneigentum kaum mehr, aber über Zonen mit gesondertem Rechtsstatus.
Viele Handlungen laufen sicherlich nicht geplant ab, sondern sind Ergebnis pragmatischen Handelns in der Gegenwart, man fängt mit der sich zeigenden Situation etwas an. Dass es keine homogene, globale Elite gibt, die sich vollkommen einig darüber ist, alle anderen versklaven zu wollen, dürfte auch klar sein. Es gibt immer wieder Menschen, die auf- oder absteigen.
Zum britischen Königshaus und dessen Politik kann ich wenig sagen, weiss aber, dass es weit auseinandergehende Theorien gibt. Von treugläubig-naiv über (hoffentlich) vernünftig-realistisch zu hoch spekulativ ist alles dabei. Ich bin einerseits gespannt, was Alexander Benesch in seinem neuen Buch zutage gefördert hat, andererseits für eine vernünftig-realistische Sicht der Dinge. Zu glauben, das britische Königshaus sei völlig entmachtet, halte ich für reichlich naiv. Nicht zuviel Öffentlichkeit für heikle Themen dürfte eine der besten Strategien zum Erhalt von Macht und Einfluss sein.
Der Vergleich zwischen mobil und immobil ist für mich ein zutreffender. Nur sollte man auch wissen, dass einige Berufe eine hohe Mobilität erlauben, andere nicht. Ich als ausgebildeter Chemiker brauche Infrastruktur, um darin tätig zu sein. Viele IT-ler können mit Computer und Internet existieren. Trotz einigen Nachteilen kann man auch in einer wenig mobilen Tätigkeit einiges an Wohlstand erarbeiten. Dieser ist aber in höherem Masse oder ausschliesslich der örtlichen Gesetzgebung unterworfen.
Ob sich tatsächlich Hass aufbauen wird in Zukunft, weiss ich nicht. Es wird sicherlich Spannungen geben, wenn es um die Finanzierung vieler gesetzlich garantierter Sozialprogramme gehen wird, aber viel zu wenige Mittel zur Verfügung stehen. Dort wird es zu Entscheidungen kommen müssen. Wenn man den Zorn auf 'Steuerflüchtlinge' oder 'verantwortungslose Superreiche' schürt, kann die Entwicklung aber auch nach hinten los gehen. Man kann nämlich für mehr Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz stets in zwei Richtungen argumentieren: Entweder darf niemand mehr oder es dürfen alle. Wird der Freiheitsimpuls lebendig, läuft es auf 'alle dürfen' hinaus.
Divide et impera ist ein hervorragendes Konzept. Vor allem ist es in sich pragmatisch. Es kennt keine Prinzipien, sondern es baut auf der vorherrschenden Realität auf. Wichtig ist, ich scheitere regelmässig daran, dass man zwei Dinge kann.
Ich bin in Punkt 2 eindeutig besser als in Punkt 1, ich bin ein Analytiker. Die Gefahr daran ist, dass man sich selber dabei vergessen kann.
Mit herzlichem Gruss.