You are viewing a single comment's thread from:

RE: NSU / Zschäpe, blinde Justitia und Orwell

in #deutsch7 years ago

also laut diesem Artikel hat sie immer erst nach den Taten davon erfahren:
https://www.welt.de/politik/deutschland/article179145584/NSU-Urteile-in-Muenchen-Rangelei-vor-dem-Gericht-nach-Prozessende.html Das widerspricht sich für mich der Darstellung von gemeinsam geplant.
Aber dieser ganze Punkt wird ja wahrscheinlich eh noch in einer Revision nochmal diskutiert werden.

Aber eigentlich ist mir die Zschäpe auch egal. Was mir aber nicht egal ist, ist wenn unsere Justiz ein genaues Hinsehen sowie harte Einschätzungen und Urteile davon abhängig macht, ob der Täter einen Migrationshintergrund hat oder nicht: Zschäpe wurde als Mittäterin (und ob sie eine solche war steht ja rechtskräftig novch gar nicht endgültig fest) genauso schwer verurteilt wie wahrscheinlich die beiden verurteilt worden wären. Im Fall von Johnny K. dagegen wurden die Mittäter (und diese waren de facto aktiv an der Tat mit dabei. Sie haben auch mit zugetreten bzw. Johnny mit zu Boden gerissen) sehr viel milder bestraft als der Haupttäter. Auch wurde eine negative Berichterstattung als strafmildernd herangezogen. Bei Zschäpe nicht. Und dass das kein Einzelfall ist zeigt Joachim Wagner in seinem Buch Richter ohne Gesetz.

Hast Du einen Link zu dem Paragraphen. Ich hab den mal auf dejure nachgeschlagen, hab da aber nichts dazugefunden, dass ein Mittäter nicht vor Ort sein muss.

Sort:  

Aber dieser ganze Punkt wird ja wahrscheinlich eh noch in einer Revision nochmal diskutiert werden.

Nein wird es nicht, in der Revision wird nur überprüft, ob das Gericht beim schreiben des Urteils Rechtsfehler gemacht hat. Was du vielleicht meinst ist eine Berufung aber die Berufung vom OLG zum BGH gibt es nicht. BGH macht nur Revision.

Hast Du einen Link zu dem Paragraphen. Ich hab den mal auf dejure nachgeschlagen, hab da aber nichts dazugefunden, dass ein Mittäter nicht vor Ort sein muss.

In 25 StGB steht:
(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.
(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Hier steht nicht positiv, dass der Mittäter vor Ort sein muss.
Das wurde so in mehreren Gerichtsurteilen so entschieden. Um das zu überprüfen kannst du zum Beispiel im Fischter Kommentar zum StGB zu § 25 StGB nachlesen oder im entsprechenden Urteil.
z.B: https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/11/3-446-11-1.php

Der Unterschied zu Johnny K.ist, dass es hier geplant mehrere Morde (am Stück) gab und es war von Anfang an vorgesehen mehrere Morde zu begehen. Das heißt hier wurden Mordmerkmale des 211 StGB verwirklicht (und eigentlich nur dafür gibt es lebenslang).
Bei Johnny K. war de nicht so, das war spontan. 212 StGB hat wohl nach Meinung des Gerichts nicht gegriffen, warum weiß ich jetzt spontan nicht.

Die Fälle sind einfach vom Tathergang nicht vergleichbar.

Das Buch von Wagner kenne ich nicht. Auch ich weiß, dass an unserem Rechtssystem kritisiert werden kann und soll. So z.B. in dem Buch von der Richterin Kirstin Heisig "Das Ende der Geduld". Doch so einen pauschales wegsehen bei Migranten würde ich in keinem Fall bejahen.

pauschal wegsehen vlt. nicht aber es hat System. Und da kann ich nur das Buch von Joachim Wagner empfehlen.

Also wie man aus diesem Paragraphen heraus Zschäpe eine Mittäterin sein soll verstehe ich nicht. Aus Absatz 1 heraus müsste (so wie ich ihn als juristischer Laie verstehe) sie die beiden zu den Morden angestiftet, erpresst oder hypnotisiert haben. Eine nachträgliche Kenntnisnahme oder eine Billigung empfinde ich da nicht als ausreichend. Aus Absatz 2 müsste sie mit vor Ort gewesen sein oder sie zumindest gemeinschaftlich geplant haben, was dem nachträglichen Erfahren doch auch widerspricht!?

Aber OK sagen wir Zschäpe war Mittäterin und wurde genauso hart (oder zumindest ähnlich, wenn man annimmt, dass die beiden Uwes noch zusätzlich Sicherungsverwahrung bekommen hätten). Sehr viel deutlicher als Zschäpe waren doch Bilal K. und Melih Y. Mittäter im Fall Jonny K. (Der § 25 StGB zielt ja nicht explizit auf Mord oder Totschlag ab) Sie wurden aber deutlich milder bestraft als der Haupttäter.

Aus Absatz 1 heraus müsste (so wie ich ihn als juristischer Laie verstehe) sie die beiden zu den Morden angestiftet, erpresst oder hypnotisiert haben.

Das stimmt so in etwa. Absatz 1 ist der Fall, dass der Hintermann kraft Planungshoheit die Tat in den eigenen Händen hält. Liegt hier nicht vor (sog. mittelbare Täterschaft).

Aus Absatz 2 müsste sie mit vor Ort gewesen sein oder sie zumindest gemeinschaftlich geplant haben, was dem nachträglichen Erfahren doch auch widerspricht!?

Absatz 2 ist die Mittäterschaft, welche bei Zschäpe festgestellt wurde. Dafür muss man gerade nicht vor Ort sein. Da hab ich dir oben aber zwei Quellen geschickt (Fischer Kommentar und ein Urteil).
Ist wie beim Banküberfall. Der der "nur" den Fluchtwagen fährt wird auch aus vollendeter Haupttat bestraft.

Aber OK sagen wir Zschäpe war Mittäterin und wurde genauso hart (oder zumindest ähnlich, wenn man annimmt, dass die beiden Uwes noch zusätzlich Sicherungsverwahrung bekommen hätten). Sehr viel deutlicher als Zschäpe waren doch Bilal K. und Melih Y. Mittäter im Fall Jonny K. (Der § 25 StGB zielt ja nicht explizit auf Mord oder Totschlag ab) Sie wurden aber deutlich milder bestraft als der Haupttäter.

Die Abstufung liegt daran, dass es beim Mord nur die Option gibt, Lebenslänglich zu geben. Alles andere ist kein Mord.
Bei dem Fall Jonny K. war es kein Mord, daher war eine Abstufung bei Bestrafung der Beteiligten möglich (ob das richtig war kann ich nicht beurteilen).