Day 4 - The fakir and me (I) / Der Fakir und ich (I)

It was a Monday and, like every Monday, I was standing at the bus stop wondering whether I was living my life properly. Then he came. Barefoot. Floating on a small carpet. No joke. A floating fakir - in the middle of rush hour.

‘You have a lot of questions,’ he said without looking at me. ‘I just wanted to get to work,’ I replied cautiously. 'And that is exactly your problem,' he whispered mysteriously as he pulled a jar of pickled gherkins out of his rucksack and began to count them. Me: ‘Are these magic gherkins?’ He: ‘No, but if you eat them, nothing changes - and that's exactly what they teach.’

I didn't understand anything straight away. But he had this charisma, as if he had watched all the sequels to “Avatar” backwards and discovered the truth about the universe.

He offered me a mat. Not for meditation - no, an IKEA bath mat. We sat on it while the bus drove past three times.

‘What are you looking for in life?’ he asked. Me: ‘Fast Wi-Fi and emotional stability.’ He nodded knowingly. "Both illusions. Like the idea that you can impress your boss by adding colour gradients to Excel spreadsheets."

I sensed something. Maybe it was wisdom. Maybe it was the wet tarmac under the bath mat.

‘What do you want me to do, Master Fakir?’ He rummaged in his rucksack, pulled out a remote control and pressed a button. Nothing happened. ‘I thought I still had batteries.’ I waited for more. He stood up, grinned and said: ‘Sometimes the path to enlightenment is just a diversion to the supermarket.’

Then he left.

I missed the fourth bus, was much too late for work, wasn't fired - but wasn't promoted either. But I was suddenly very good at keeping quiet. And people started confiding things in me as if I were a walking seer with a bachelor's degree in irony.

I'll probably never see him again. But every time I eat a pickled cucumber, I ask myself: 'Am I enlightened now - or just hungry?'

Deutsche Version:

Es war an einem Montag, und wie jeden Montag stand ich an der Bushaltestelle und fragte mich zweifelnd, ob ich mein Leben richtig lebe. Da kam er. Barfuß. Auf einem kleinen Teppich schwebend. Kein Scherz. Ein schwebender Fakir – mitten in der Rush Hour.

„Du hast viele Fragen“, sagte er, ohne mich anzusehen. „Ich wollte eigentlich nur zur Arbeit“, erwiderte ich vorsichtig. „Und genau das ist Dein Problem“, flüsterte er geheimnisvoll, während er ein Glas Gewürzgurken aus seinem Rucksack zog und begann, sie zu zählen. Ich: „Sind das magische Gurken?“ Er: „Nein, aber wenn Du sie ißt, ändert sich nichts – und genau darin liegt ihre Lehre.“

Ich verstand sofort gar nichts. Aber er hatte diese Ausstrahlung, als hätte er alle Fortsetzungen von „Avatar“ rückwärts gesehen und dabei die Wahrheit über das Universum entdeckt.

Er bot mir eine Matte an. Nicht zum Meditieren – nein, eine IKEA-Badvorlage. Wir saßen darauf, während der Bus drei Mal vorbeifuhr.

„Was suchst Du im Leben?“ fragte er. Ich: „Schnelles WLAN und emotionale Stabilität.“ Er nickte wissend. „Beides Illusionen. Wie auch die Idee, daß Du Deinen Chef beeindrucken kannst, indem Du Excel-Tabellen mit Farbverläufen versiehst.“

Ich spürte etwas. Vielleicht war es Weisheit. Vielleicht war es auch der nasse Asphalt unter der Badvorlage.

„Was soll ich tun, Meister Fakir?“ Er kramte in seinem Rucksack, holte eine Fernbedienung hervor und drückte einen Knopf. Nichts geschah. „Ich dachte, ich hätte noch Batterien.“ Ich wartete auf mehr. Er stand auf, grinste und sagte: „Manchmal ist der Weg zur Erleuchtung einfach nur ein Umweg zum Rewe.“

Dann ging er.

Ich verpaßte den vierten Bus, kam viel zu spät zur Arbeit, wurde nicht gefeuert – aber auch nicht befördert. Dafür konnte ich plötzlich sehr gut schweigen. Und die Leute begannen, mir Dinge anzuvertrauen, als wäre ich eine wandelnde Seherin mit Bachelorabschluß in Ironie.

Ich werde ihn wohl nie wiedersehen. Aber jedes Mal, wenn ich eine saure Gurke esse, frage ich mich: ‚Bin ich jetzt erleuchtet – oder einfach nur hungrig?‘