RE: Meinungsfreiheit auf stumm – Wie Shadow-Bans das Recht auf freie Rede aushebeln
Das ist genau der Punkt: Wenn private Plattformen mit marktbeherrschender Stellung den öffentlichen Diskurs faktisch kontrollieren, wirken ihre Entscheidungen wie staatliche Maßnahmen auf die Grundrechtsausübung.
Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass Grundrechte auch im Privatrechtsverkehr über die sog. mittelbare Drittwirkung zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist nicht, ob ein Akteur staatlich ist, sondern ob er in einer Position ist, die für die öffentliche Meinungsbildung unverzichtbar ist.
Wörtlich: „Grundrechte entfalten auch in Rechtsbeziehungen zwischen Privaten Wirkung, indem sie über Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe in das Zivilrecht einstrahlen und bei dessen Auslegung und Anwendung zu beachten sind.“ (BVerfGE 7, 198 – „Lüth“)
Mit anderen Worten: Wer die zentralen Räume der öffentlichen Kommunikation kontrolliert, unterliegt auch den verfassungsrechtlichen Maßstäben für Meinungsfreiheit. Das lässt sich nicht durch den Hinweis auf kleinere Nischenplattformen aushebeln.
Das Missverständnis liegt genau da: Grundrechte binden primär den Staat, ja – aber das BVerfG hat schon 1958 im Lüth-Urteil festgehalten, dass sie mittelbar auch zwischen Privaten wirken, wenn einer der Privaten in einer Position ist, die Grundrechtsausübung real bestimmen kann.
Bei marktbeherrschenden Plattformen ist das keine Theorie mehr, sondern gelebte Realität: Wer dort unsichtbar gemacht wird, verschwindet faktisch aus dem öffentlichen Diskurs. Das ist kein simples ‚Hausrecht‘ mehr, sondern Eingriff in den Kernbereich der Meinungsfreiheit – und deshalb gelten hier auch die Maßstäbe des Grundgesetzes.