Mit der Tutana vor Istrien, Umag 1994 Teil III

in Deutsch Unplugged16 days ago

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Man, man man jetzt ist es schon wieder7 Monate her, daß ich Teil II geschrieben hatte, und dann noch vollmundig angekündigt, mit Teil III nicht so lange warten zu wollen, in die Puschen zu kommen. Zum Glück ist nichts ernsthaftes passiert was mich abgehalten hatte. Es gab einfach viel zu tun am Haus im Garten, am Auto, an den Fahrrädern...Erklärungen (Ausreden) gibt es genug. Die Wirklichkeit ist, man wird einfach langsam wenn der Zahn der Zeit an einem nagt. Aber wie heißt es beim Kleinen Lord, lieber spät als nie.
September -12- 1994. Wir hatten die Nacht auf der Tutana im Hafen von Porec verbracht und auch gut geschlafen, nachdem Leberecht, von Beruf Anwalt, um 03:00 Uhr, unsere Nachbarn Steuerbord , zur Ordnung gerufen hatte, denen der Slivovitz wohl sehr gut schmeckte.
September -12- 1994. Der Tag begann mit stabilem Wetter. Wind von Süd, Stärke 4 auf 5 auffrischend. Als Tagesziel wurde Raum Pula festgelegt, d.h, es ging weiterhin südwärts und es gab gegen den Wind ein paar Segelmanöver mehr, die noch zusätzlich für Abwechselung sorgten. Um 17 Uhr machten wir in der Bucht Soline bei Veruda fest. Kaum hatte der Anker an einem traumhaften Ankerplatz gefaßt, kam der Spruch des Tages: „Wer möchte alles Bier“? Die Frage war schnell geklärt. Als I – Tüpfelchen hatte der Cäptn zum Abendessen seine viel gerühmten Spaghetti mit Knobi – Sahnesoße angekündigt. Die waren allerdings auch sehr lecker und bekömmlich, so daß wir eine „ruhige“ Nacht verbrachten. (Einige außergewöhnlichen Geräusche waren schon zu vernehmen und die Luft unter Deck war etwas dicker als sonst).
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September -13 - 1994. Standort Soline, Auslaufen 08:15 mit Tagesziel Veli Losinj. Bei wieder sehr schönem Sonnenschein und Wind 4 – 5 liefen wir auf Osor zu, einem Ort auf der Insel Cres, die dort durch eine Brücke mit der Insel Losinj verbunden ist. Als wir nach einer zügigen ruhigen Fahrt um 15 Uhr Osor erreichten, war die Brücke geschlossen. Sie öffnete um 17 Uhr, so hatten wir die Möglichkeit zu einem kleinen Stadtbummel. Sobald die Brücke für die Durchfahrt geöffnet wurde, setzten wir unsere Fahrt nach Veli Losinj fort. Ich hatte den ganzen Tag mit einem Migräneanfall zu tun. Der Kopfschmerz löste sich nachdem ich über die Reeling die Fische gefüttert hatte. Das waren die Vorboten zu einem Wetterumsturz wie sich in der Nacht zeigte. Der Hafen von Veli Losinj war stark belegt und wir mußten unser Schiff im Päckchen festmachen. d.h. Von mehreren Schiffen hatte nur eines mit der Kaimauer Kontakt und man betritt sein Schiff über die Decks weiterer Boote, natürlich mit gebotener Sorgfalt. Diese war angebracht, als wir von unserem Abendessen aus dem Ort zurück kamen. Crewmitglied Klaus hatte in eine Taverne eingeladen, die er aus früheren Losinj Urlauben kannte. Es gab Scampis, Seehecht, Zahnbarsch und Beilagen in 1a Qualität, wozu der Cäptn Wein rot – weiß beisteuerte. Es war ein gelungener Abend.

September -14- 1994 Nach einem nächtlichen Gewitter hatte sich das Wetter total geändert als wir am nächsten Morgen Veli verließen und durch den Losinskj-Kanal unser Tagesziel, wieder Soline Veruda, ansteuerten. Bei Windstärke 6-7, in Böen 8 empfing uns ein entsprechender Seegang.

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Im Laufe des Tages wurde die See immer rauher, bis wir am Nachmittag ziemlich „allein auf weiter Flur“ waren.

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Heinrich sorgte für einen sicheren Stand am Ruder
Der Cäptn entschloß sich einen Schutzhafen anzulaufen. In einer riesigen Bucht der Insel Unije gingen wir vor Anker. Obwohl es dort sehr ruhig war, faßte der Anker nicht beim ersten Versuch im sandigen Untergrund. Ein zweiter Versuch war dann erfolgreich. Wir machten im Hafen nicht am Kai fest, sondern hatten in der Bucht viel Platz, wo die Tutana um den Anker herum schwojen konnte, je nach wechselnder Windrichtung. Da der Sturm nicht nachließ wurde für die Nacht je 2 Stunden für 2 Mann Ankerwache eingeteilt. So entging uns nicht ein kleines Drama, das sich an der ca. 500 m entfernten Kaimauer zutrug. Dort hatte eine wunderschöne alte Segelyacht, wie wir später erfuhren, festgemacht. Als der Sturm sehr stark war und gedreht hatte, wurde die Yacht gegen die Kaimauer gedrückt und bei dem nun viel stärkeren Seegang in der Bucht , in der Auf- und Abbewgung immer mehr beschädigt. Die Mannschaft war nicht an Bord und wir sahen im gespenstischen Scheinwerferlicht wie Helfer versuchten mit großen Fahrzeugreifen den Bootskörper von der Kaimauer fernzuhalten. Wir waren froh sicher in der freien Bucht vor Anker gegangen zu sein. Gegen Morgen ließ der Sturm nach. Die Bootsbewegungen haben jedoch kein Crewmitglied schlafen lassen entnehme ich auch den Logbuchseiten.

September -15 - 1994 Insgesamt 21 Stunden hatte uns der Sturm in der Bucht von Unije festgehalten. Um 09 Uhr konnten wir die Fahrt zur Halbinsel Istrien aufnehmen, über Veruda mit dem Tagesziel Rovinj. Als wir die Bucht verließen und in die offene See segelten, empfing uns starker Seegang, aber die gestrige rauhe See hatte sich zu hohen Wellen mit einer langen Dünung gewandelt. Wir befanden uns auf einer Strecke wo wir bald weder Sicht zum Festland noch zu Inseln hatten. Die hohen Wellen lagen so in unserer Fahrtrichtung, daß wir von der Spitze der Welle hinab surfen konnten, was sich deutlich bei der Geschwindigkeit der Tutana bemerkbar machte. Das kosteten die beiden Bootsführer im Wechsel weidlich aus. Von uns Laien kam bei diesen Bedingungen niemand ans Ruder. Jetzt war Segelerfahrung gefragt. Das hatte mit dem bisherigen gemächlichen „Rotweinsegeln“ nichts mehr zu tun. Nach einiger Zeit hätten einige von uns auch gern eine ruhigere Fahrt gewünscht, denn es machten sich Anzeichen von Seekrankheit bemerkbar.

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Die waren noch recht fit, Leberecht und Heinz und immer schön angeleint
Unter Deck war es in kürzester Zeit kaum zu ertragen. Der Navigator war immer sehr schnell fertig mit seinen Eintragungen. Bei dieser abwechselungsreichen Fahrt verging die Zeit wie im Flug. Wir näherten uns der Westküste von Istrien und es wurde nochmal interessant, ob wir zwischen Festland und einer kleinen Insel mit Leuchtturm durchkommen, oder ob Umfahren erforderlich sein würde. Ich weiß nicht mehr wie es war, wir passierten jedenfalls die Engstelle. Nach einer anregenden, eher stark aufregenden Überfahrt von 8 Stunden legten wir in der Marina Rovinj an. Ich hätte nicht gedacht, daß nach einer Sturmnacht die Adria mit einem derartigen Wellengang aufwarten würde.

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Der Wind hatte nachgelassen, einige Sm mußten wir motoren.
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Die schöne Marina von Rovinj
September - 16 - 1994 Standort Rovinj, Reiseziel und Endstation Umag. Der letzte Tag. Ich übernehme den Text aus dem Logbuch, vom Navigator Heinz, der immer für gute Laune sorgte. Auslaufen um 10 Uhr klappt nicht, Motor springt nicht an. Bootführer und Sailor bleiben ruhig, Die Backschaft in heller Aufregung. Jochen geht erst mal aufs Klo. Bei der anschließenden Fehlersuche bringen alle ihr ungeheures technische Wissen ein. So z.B. Klaus: Wahrscheinlich muß ein neuer Anlasser rein, da muß ich aber vorher nach Hause. Oder auch Kurt: Das liegt bestimmt am Schalter, das ist bei mir zu Hause (hat eine holzverarbeitende Firma) auch immer so. Der Techniker des Yachthafens gibt schließlich Kurt Recht- es war der Schalter. Kurt ist glücklich. Weil es so schön war, den Rest der Logbuchseite im Original:

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Das war ein unvergeßlicher Segeltörn, den der Cäptn mit den Worten beschrieb: Habt ihr ein Glück gehabt in der kurzen Zeit so unterschieliche tolle Segelsituationen zu erleben.

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 16 days ago 

... und Du kannst heute noch so realistisch davon berichten! Das sind Abenteuer.

Was ist das für eine Notenzeile, die da im Logbuch in der Ecke prangt? Ich krieg's nicht zusammen...

 14 days ago (edited)

Was ist das für eine Notenzeile, die da im Logbuch in der Ecke prangt? Ich krieg's nicht zusammen...

Liebe Heike,
Vielen Dank für deine Nachfrage. Auf der Logbuchseite hat der Notenschreiber einen Hinweis gegeben, nicht so deutlich lesbar steht da: Glückliche Reise! Ich bin sicher dann fällt der Groschen, Das Hauptlied aus der Operette; "Glückliche Reise" von Eduard Künnecke, Vater von Tochter Evelyn, die als Sängerin noch in den 60-er 70-er Jahren in Funk und TV aktiv war.
Warum ich von der Reise noch so realistisch berichten kann ist einfach. Das war mein erster mehrtägiger Segeltörn bei dem auch einiges los war. Ich bin davor zwar auf dem Issel Meer 2 Tage gesegelt. Daran kann ich mich auch sehr gut erinnern. Da ist mir bei einer Halse der Baum in den Nacken geknallt (typisch Anfänger"Fehler" Cäptn muß eindringlicher warnen). Aber erinnern kann ich mich daran sicher nur, weil ich einen dicken Rollkragenpullover, Blouson mit Strickstehbund und eine dicke Wollmütze trug. Deshalb hatte ich wohl nur eine leichte Gehirnerschütterung, mit Kopfschmerz und Übelkeit und ohne einen schönen Landgang in Enkhuisen. Vor Istrien war aber mehr Abenteuer wie du auch angenommen hast.

 14 days ago 

Hihi, dankeschön! Bin operettentechnisch nicht fit, aber das Lied dürfte als Hymne für Euch gut gepaßt haben. Der beschriebene Unfall macht übrigens schon bei der Vorstellung Autsch!

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