RE: 4. Teil: “Ich-Reise ins Twilight” 2. Session: Tool zum Bewerten des eigenen Lebensrahmens und schließen auf den individuellen Entwicklungsgrad der eigenen Spiritualität
Bin gerade im Lektoren-Modus. ;-)
5 Bereiche / Säulen
Ich denke, "Säulen" sind hier kein gutes Bild. Säulen tragen etwas, ich sehe das Dach einer Halle oder dorische Säulen eines griechischen Tempels vor mir. Da würde ich aber eher sagen, dass die Punkte, die du bei "Beruflicher Erfüllung" aufzählst, deren Säulen sind. Säulen, die auf Säulen stehen, klingen aber für mich wacklig.
Nenntest du sie einfach nur "Bereiche" (oder mit einer anderen Flächen-Bezeichnung), könnten sich diese auch überschneiden und miteinander interagieren (was Säulen wohl eher nicht tun sollten...).
Nun komme ich zu dem, was ich an dieser Stelle für das Kernproblem halte: Die Spiritualität - so ist jedenfalls meine Überzeugung - sollte kein x-ter Bereich sein neben oder in Überschneidung mit anderen. Sie ist es, die alle Bereiche durchdringen muss, die (wenn die andern Säulen wären) den Stoff bindet, aus dem die Säulen sind, die die Atmosphäre darstellt, in der ich lebe.
Last not least: Was ist mit der Freiheit?
Du erwähnst den Bereich der Sicherheit, aber wo bleibt die Freiheit? Sie kommt in deiner Aufstellung oben nicht vor, obwohl sie die Grundvoraussetzung ist für die Spiritualität. Wenn ich nicht frei bin, habe ich keine Chance für Letztere.
Du könntest vielleicht sagen: Freiheit und Spiritualität bedingen einander, sind sie doch wie zwei Seiten der selben Medaille. Dann würdest du das aber oben auch klarer machen müssen. Und das würde dann wiederum bedeuten, dass Spiritualität tatsächlich keinen eigenen Bereich darstellt, sondern das Salz in der Suppe ist.
Hahahahah erneut herzlichen Dank. Wenn ich alle Deine Feedbacks beantwortet habe, dann habe ich wohl 2 Kilo Körpergewicht verloren. Das wäre gut für meine Gesundheit. Oder?
Ich hatte mir nie die Frage gestellt, ob die Metapher der Säulen perfekt ist. Ich habe mir immer ein gestütztes Dach bzw. ein eigenes, auf die Säulen gestelltes Lebenskonstrukt vorgestellt. Das war bisher immer frei gestellt. Es ist ja auch gut, wenn jeder sich sein eigenes Konstrukt vorstellt. Dann ist man jeweils näher am eigentlichen Tool. Es ist immer etwas offener, damit die eigene Vorstellungskraft mitmachen darf. Dadurch wird man eher an etwas gebunden, als wenn man nur alles ganz explizit vorgegeben bekommt. Säulen halten ein Dach gut. Darüber sind sie miteinander verbunden. Stürzt eine Säule ein oder bröckelt, dann ist das ganze Dach betroffen. Hier finde ich Deine Ausführung sehr gut. Ich überlege, weil dies auch im Coaching oft als Dach bezeichnet wird, ob ich dies mit aufführe und auf die gedankliche Freiheit des Betrachters verzichte. Ich werde hierüber nachdenken. Bin mir da nicht so sicher.
Zum Kernproblem:
Ich sehe das Problem nicht. Es wird ganz klar beschrieben, dass die Themen alle miteinander in Verbindung stehen. Die Grafik ist ja nur ein Hilfsmittel zum Verdeutlichen und nur zum Teil spielt sie in die Metapher mit hinein. Zur Verdeutlichung und zum Aufzeigen halte ich diese Trennung zunächst für vernünftig. Wenn Du zur Arbeit fährst, dann tust Du dies eventuell auch gar nicht mit einem spirituellen Hintergedanken, sondern damit Du Dir Dein Brot und einen gewissen Luxus leisten kannst. In diesen Momenten, behaupte ich, haben 95 % aller Menschen nur den Job im Kopf. Die Spiritualität glänzt hier eher durch Abwesenheit. Das Gefühl der Leere wäre für viele die Verbindung. Freiheit im Gegenzug ist für mich Teil der Spiritualität und ebenso anderer Anteile. So zum Beispiel auch berufliche Freiheit, Freiheit in der Beziehung usw. Dies halte ich dann in unserem Fall für eine Definitionsfrage.
Das Programm stellt die Spiritualität auch nicht über die anderen Bereiche. Meiner Meinung kann sie nur neben den anderen Bereichen gleichberechtigt funktionieren. Sie kann in unserer Gesellschaftsform aber nicht über den anderen Bereichen stehen. Aber auch dies ist eine Ansichtssache und bleibt jedem selbst überlassen. Wenn jemand alle Entscheidungen von seiner Spiritualität abhängig macht, dann wird der Rahmen wahrscheinlich auch aus dem Gleichgewicht kommen. Ich behaupte, dass die Spiritualität ein Gleichgewicht zum Materiellen bildet, aber ohne diese unser menschliches Leben ebenso wenig möglich wäre. Deshalb ist sie in meinen Gedanken gleichberechtigt, steht aber nicht über anderem.
Jede Säule hat eine gleichberechtigte Funktion. Stell Dir Dein Leben ohne Liebe vor (2. Säule). Stell Dir Dein Leben ohne Gesundheit vor (3. Säule), ohne Geld (1. Säule) oder ohne Sicherheit (4. Säule). Jeder Bereich hat die Kraft, Dein Leben aus der Bahn zu schleudern. Deshalb spreche ich auch von der Balance. Wenn Du keine Gesundheit oder Liebe hast, dann kannst Du versuchen, über die Spiritualität zu kompensieren. Ich befürchte aber, dass dies die schlechtere Lösung wäre. Fehlende Bereiche können dann auch über Deine Spiritualität wirken. Du kannst diese verlieren, weil Du vom Leben gebeutelt an nichts mehr glaubst. Das passiert doch täglich vielen Menschen. Die bessere Möglichkeit ist für mich eine "gesunde Balance". Die goldene Mitte halte ich oftmals für den besseren Kompromiss. Aber selbst das ist eine eigene Entscheidung, die jeder für sich selbst zu treffen hat. Das Konzept hat keine Berechtigung auf Richtigkeit. Es ist lediglich ein Reflexionsweg zur Unterstützung, um seinen eigenen Weg zu finden.
Das ist, soweit es zutrifft, doch genau das Problem der (westlichen) Gesellschaft! Warum fahre ich nicht jeden Tag zur Arbeit mit Gedanken an deren Sinnhaltigkeit? Weil ich mir dann eine andere suchen müsste?
Das glaube ich dir nicht. Und es widerspricht meines Erachtens dem Sinn deines Coachings. Den kann ich (also ich mit meiner begrenzten Kenntnis und Wahrnehmung) nur darin erblicken, dass Spiritualität mir genau dann entscheidend hilft, wenn eine deiner Säulen wegbricht oder von mir abgelehnt wird. Ich brauche außer meiner Spiritualität nur meine geistige Gesundheit (als deren Voraussetzung, ohne die es nicht geht). Was du Liebe nennst, kann ich ohne das, was ich unter Spiritualität verstehe, gar nicht leben und erleben, nicht geben und nicht nehmen.
Hier widerspreche ich also.
Nope. Dann war es keine Spiritualität, sondern nur ein Surrogat davon.
Das wirst du als Coach nur dann vermitteln können, wenn du hier neutral oder besser offen bleibst und keine Suggestionen anhand deiner eigenen Meinungen einfließen lässt. Eine Herkules- und Sisyphos-Aufgabe in einem!
"Das ist, soweit es zutrifft, doch genau das Problem der (westlichen) Gesellschaft! Warum fahre ich nicht jeden Tag zur Arbeit mit Gedanken an deren Sinnhaltigkeit? Weil ich mir dann eine andere suchen müsste?"
Genau! Das versuche ich ja auch mit dem Konzept. Aber zunächst muss ich die Leute dort abholen wo sie stehen. Es ist ja ein Prozess. Wenn ich gleich mit der Tür ins Haus falle, dann ist direkt Ende. Die Personen müssen durch das Reflektieren alleine zu genau diesen Arten von Erkenntnissen kommen. Und dies auch nur dann, wenn es für ihren individuellen Lebensweg tatsächlich Sinn macht.
Dein zweiter Einwand ist sicherlich individuell unterschiedlich zu sehen und der jeweilige Kontext spielt hier eine Rolle.
Hier auch. Ich denke, niemand kann sagen, welche Art der Spiritualität die wirklich wahre ist. Hier gilt für mich, dass jeder individuell selbst entscheiden darf, wie seine Spiritualität aussieht. Ich versuche im Laufe des Konzeptes mich an einen Punkt heranzutasten, der für viele Sinn macht. Anderen wird dies nicht gefallen. Das liegt eben genau daran, dass es keine allumfassende allein gültige Wahrheit gibt für uns. Jeder hat seinen eigenen Prozess und diesen versuche ich zu berücksichtigen. Für mich wäre es ein voller Erfolg, wenn unterschiedlichste Personen völlig unbedeutend ihrer Herkunft und ihrer individuellen Lebensposition und Prozesse zu einer sie befriedigenden Reflexion kommen. Ich habe nicht den Anspruch, die Welt zu verändern oder Menschen in eine Form zu pressen. Für mich sollte jeder seine eigene Form herausfinden. Ich versuche lediglich darauf aufmerksam zu machen, dass viele gar nicht in ihrer eigenen Form leben.
Nun, ich versuche sehr neutral zu sein und mich weitgehend aus Meinungen herauszuhalten. Ich hoffe, dass dies im Konzept so rüber kommt. Jeder soll ja seine eigenen Reflexionen machen. Ich biete nur einen Weg an. Ich behaupte sogar, dass mit diesem Programm ebenso religiöse wie nicht gläubige Personen leben können. Es wird ein Spagat, der versucht, möglichst vielen unterschiedlichen Denk- und Gefühlsrichtungen etwas zu bieten. Das werden wir wohl aber erst am Ende wirklich wissen.