Die Arbeit mit jungen Pferden – Geduld, Vertrauen und Ausbildung mit Herz

in #jungpferde3 months ago

Die Arbeit mit jungen Pferden ist eine besondere Herausforderung – und ein großes Geschenk. Wer einmal ein junges Pferd vom ersten Anlongieren bis zum Reiten unter dem Sattel begleitet hat, weiß: Es geht nicht nur um Technik. Es geht um Vertrauen, Geduld, Fingerspitzengefühl – und um eine Beziehung, die auf Respekt basiert.

  1. Der richtige Start: Grundlagen schaffen

Bevor ein junges Pferd überhaupt an Reiten zu denken beginnt, braucht es vor allem eins: Verlässliche Grundlagen im täglichen Umgang. Dazu gehört:

Führtraining: Ruhiges, respektvolles Führen von beiden Seiten, Halten, Rückwärtsrichten.
Hufe geben: Für Hufschmied und Pflege unerlässlich.
Putzen und Berührungen zulassen: Ein junges Pferd muss lernen, dass der Mensch überall anfassen darf – ohne Stress.
Diese kleinen Dinge wirken unscheinbar, sind aber der Grundstein für alles Weitere.

  1. Vertrauen vor Tempo

Viele machen den Fehler, junge Pferde zu schnell „funktionieren“ lassen zu wollen. Doch junge Pferde brauchen Zeit, um zu verstehen, zu verarbeiten – und um Vertrauen zu fassen.

Ein Pferd, das sich sicher fühlt, lernt besser, bleibt mental stabiler und wird später viel zuverlässiger unter dem Sattel sein.

Merke: Lieber einmal zu langsam, als einmal zu schnell.

  1. Bodenarbeit: Kommunikation ohne Reitergewicht

Die Bodenarbeit ist ein zentrales Element in der Jungpferdeausbildung. Hier lernt das Pferd, auf die Körpersprache des Menschen zu achten, erste Hilfen zu verstehen und sich auf den Menschen zu konzentrieren.

Wichtige Elemente:

Longieren an der Doppellonge (mit und ohne Ausbinder)
Desensibilisierung (z. B. an Geräusche, Planen, Gerten)
Handarbeit zur Vorbereitung auf Seitengänge
Verladetraining (besonders wichtig für Turnier- oder Reitpferde)

  1. Das erste Aufsitzen – ein Meilenstein

Der Moment, in dem sich ein Mensch zum ersten Mal auf das Pferd setzt, ist magisch – und sensibel. Ein gutes Jungpferdetraining bereitet diesen Moment wochen- oder monatelang vor:

Sattelgewöhnung mit ruhigen Abläufen
Drucksignale über den Gurt oder vom Boden aus
Helfer, die das junge Pferd bei den ersten Malen führen und sichern
Viel Ruhe, Lob, Absteigen – wiederholen – Vertrauen aufbauen
Ein gelungenes Anreiten basiert auf Vorbereitung, nicht auf Mut.

  1. Ausbildung mit Blick auf die Zukunft

Junge Pferde lernen schnell – aber sie vergessen auch schnell, wenn zu viel verlangt wird oder negative Erfahrungen gemacht werden.

Deshalb ist wichtig:

Regelmäßigkeit statt Überforderung
Abwechslung statt Monotonie (z. B. auch mal Spazierengehen, Koppeltage)
Positive Verstärkung (Lob, Pausen, Stimme)
Körperliche Entwicklung beachten – ein 3-Jähriger hat andere Grenzen als ein 6-Jähriger

  1. Der Mensch als Lehrer – und als Vorbild

Die wichtigste Eigenschaft, die ein Mensch bei der Arbeit mit jungen Pferden mitbringen sollte, ist: Innere Ruhe. Pferde spiegeln unsere Emotionen. Wer nervös, ungeduldig oder ärgerlich ist, überträgt das aufs Pferd.

Ein gutes Jungpferdetraining basiert auf:

Klarer Kommunikation
Konsequenz ohne Härte
Verlässlicher Führung
Zeit, Geduld und Respekt
Fazit: Jedes junge Pferd ist eine Reise

Die Arbeit mit jungen Pferden ist nicht nur Ausbildung – sie ist Persönlichkeitsentwicklung, für Pferd und Mensch. Wer bereit ist, zuzuhören, zu lernen und sich selbst zurückzunehmen, wird belohnt mit einem Partner, der mitdenkt, vertraut und mit Freude arbeitet.

Denn: Junge Pferde brauchen keine perfekten Reiter – sie brauchen ehrliche Begleiter.

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