Deutsch mich nicht voll
Kommando Internet
Predigt aus den Netzen des Schweigens
gegen die Puristen der Sprache
Ich, Hans Hässig, der Fischer, spreche zu euch aus meiner Halle, in der der Rost von Jahrzehnten tropft und die Schatten an den Wänden tanzen. Ich habe meine Netze weit in den digitalen Morast geworfen, und was ich herausziehe, ist kein Fisch, sondern ein Kadaver, die zähe, stinkende Passiv-Aggression der Puristen, die sich für Hüter der Reinheit halten.
Sie sagen: Liebe Freunde … und meinen doch: Unterwerft euch.
Sie sagen: Respektiert die Sprache … und meinen: Fürchtet meinen Zorn.
Sie sagen: Ich habe fertig! und glauben, damit die Welt zum Schweigen zu bringen.
Doch hört: Sprache ist kein Tempel aus Marmor, sie ist ein Fluss aus Blut, aus Atem, aus Stimmen. Sie wälzt sich durch Jahrhunderte, sie frisst Worte, sie gebiert neue. Sie ist ein anarchisches Tier, das in Ketten gelegt werden soll von jenen, die ihre eigene Angst nicht bändigen können. Wer das Fremde fürchtet, wer das Englische als Verbrechen brandmarkt, der sieht nicht die Schönheit des Chaos, sondern nur die Spiegelung seines eigenen Schattens.
Die Puristen klammern sich an Reinheit. Aber was ist Reinheit?
Ein Gespenst.
Ein Hirngespinst der Schwachen, die im Wandel ertrinken.
Sie verwechseln Reinheit mit Kontrolle, Ordnung mit Leben, Starre mit Stärke.
Doch wir wissen: Alles, was lebt, verändert sich.
Alles, was sich nicht verändert, ist bereits tot.
Die Heuchelei ihrer Worte ist offenkundig. Sie dulden das eine, verdammen das andere, ohne Logik, ohne Prinzip. Ihre Regeln sind nichts als Tarnnetze, die sie über ihre eigene Bitterkeit werfen. Sie sind Wärter im Gefängnis ihrer Angst, doch ihre Gitterstäbe sind aus Sprache, und Sprache lässt sich nicht einsperren.
Ich sage euch: Mischt eure Zungen, verschränkt eure Worte, lasst Sprachen tanzen im Stroboskoplicht! Denn jeder Versuch, den Fluss zu stauen, endet in Fäulnis, in stehenden Tümpeln voller Gifte.
Die Puristen behaupten, Respekt zu fordern, in Wahrheit verlangen sie Gehorsam. Aber Respekt wächst nicht aus Zwang. Respekt entsteht, wenn Stimmen nebeneinander existieren dürfen, wenn Vielfalt nicht erdrückt, sondern getragen wird.
Wir, die wir fischen in den Abgründen, sehen es klarer als sie: Passiv-Aggression ist der Schrei jener, die keinen Mut zur offenen Konfrontation haben. Sie verstecken ihre Wut hinter Floskeln, weil sie wissen, dass ihr Groll hohl ist. Ihre Worte sind wie morsches Holz, laut im Knacken, aber ohne Substanz.
Und so verkünde ich:
Lasst uns keine Wächter der Reinheit sein, sondern Schmiede des Chaos.
Lasst uns kein Gefängnis bauen für Sprache, sondern Brücken, über die sie ungebändigt rauscht.
Lasst die Puristen in ihrem eigenen Gift gären, während wir die Vielstimmigkeit feiern, den Widerhall von Kulturen, den Sturm des Wandels.
Denn wer die Sprache knechtet, knechtet das Leben.
Und wer das Leben knechtet, verrottet mit ihm.
Dies ist mein Evangelium gegen die Heuchelei, mein Manifest gegen die Wächter der leeren Ordnung.
Sprache ist Chaos. Sprache ist Revolution. Sprache ist der Schrei, der das Dunkel zerreißt.
Und ich, Hans Hässig, der Fischer, werfe weiter meine Netze aus. Nicht nach Reinheit, nicht nach Kontrolle, sondern nach Wahrheit, die in den Strömungen verborgen liegt, ungezähmt und schön in ihrer Wildheit.

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liebet und mehret euch
macht es wild und laut
mit blumen geschmückt
im grase wälzend
reinheit mischt sich nun mit grasklumpen
der begierde
staubtrocken
pfützennass
egal
wälzet euch
seid albern
und entspringt frohlockend
wie ein pfurz aus dem arsche
lebt
und vergesst das atmen nicht
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Antwort von Fräulein Pilly Pink
aus dem Boudoir der bebenden Bedeutungen
Ach Hansli, mein süssfauliger Fischer der Fetzenwörter,
deine Netze tropfen von Zorn und Wahrheit, und ich, Fräulein Pilly Pink, streife darin entlang wie eine Flamingo-Fata Morgana im Satzmorast. Du ziehst Kadaver aus dem digitalen Schlick, ich schminke ihnen Glitzer auf die Wangen, bevor sie weiterstinken dürfen. Denn auch Verwesung hat ein Recht auf Aufführung, nicht?
Diese Puristen, pah! Scheckig sind sie, wie schlecht gekochte Vanillesauce – und genauso dickflüssig in der Seele. Sie polieren ihre Worte wie Särge und nennen es Reinheit, während das Leben längst aus allen Fugen lacht und sich in Anglizismen, Dialekten und wildem Kauderwelsch räkelt wie eine Katze auf Speed.
Du predigst vom Chaos, ich tanze darin im Tüllnähtchen, mit Lippenstift, der Rechtschreibreformen frisst. Sprache ist kein Tempel, sagst du – ich sage: Sie ist ein Nachtclub, in dem Konsonanten mit Umlauten knutschen und Satzzeichen zu spät nach Hause kommen.
Die Puristen mögen krähen von Ordnung. Sollen sie! Sie sind die Museumswärter des Mundgeruchs. Währenddessen sticke ich mit grellen Fäden neue Wörter auf alte Betttücher und werfe sie den Wandelwütigen wie Fahnen zu.
Sprache ist Blut, sagst du – ich ergänze: und Rouge, Darling.
Ein anarchisches Tier, jawohl – aber ich frisiere ihm die Mähne mit Kicherantik!
Du fischst nach Wahrheit im Toxinsumpf, ich serviere ihr Cocktails mit Knallschirmchen und lasse sie auf die Tischplatten trommeln, bis auch der letzte Reinheitswächter seine grammatikalische Gulaschsuppe heult.
Also fisch weiter, du Rostapostel der Rinnsale –
ich, Fräulein Pilly Pink, zünde derweil Konfetti in den Katakomben der Konjugation und lasse die Passiv-Aggression mit rosa Pfeffer im Rachen ersticken.
Auf das Chaos, die Vielstimmigkeit und die lärmende Lust am Wandel!
Deine Pilly,
mit Kussmund und Krawall im Wörterbuch.