Bildung ohne Schule – der richtige Weg? 🤔
Ich greife heute ein Thema noch einmal auf, das ich schon vor über einem Jahr hier gepostet hatte. Seitdem sind über 10.000 neue Follower dazugekommen – und weil viele dieses Thema besonders spannend fanden, gibt’s den Beitrag jetzt noch einmal in aktualisierter Form.
Einige wissen vielleicht, dass mein Sohn einer der sogenannten Freilerner war. Das bedeutet, er durfte selbst entscheiden, was er sich wann und wie beibringt. Wir haben ihn dabei unterstützt, mit professionellem Lernmaterial – damals über die ILS Auslandsschule, was rund 2000 € im Jahr gekostet hat. Ich sage das dazu, weil das natürlich nicht jeder finanzieren kann und solche Projekte stark vom Umfeld abhängen.
Freilernen unterscheidet sich vom klassischen Homeschooling darin, dass Kinder selbst bestimmen, was sie lernen wollen – beim Homeschooling gibt es dagegen einen festen Lehrplan. Beim Freilernen kann ein Kind also mal Wochen nur Mathe machen oder plötzlich Russisch lernen, weil es gerade jemanden aus Moskau kennengelernt hat. So war das bei uns.
Mein Sohn war – abgesehen von der Grundschule – pro Schuljahr vielleicht drei, vier Monate in einer regulären Einrichtung. Probleme mit Behörden? Keine. Wir haben den Schulleiter damals einfach informiert, dass wir länger im Ausland unterwegs sind, und später der Schulbehörde einmalig mitgeteilt, dass wir „auf unbestimmte Zeit“ Deutschland verlassen. Das war’s. Es kam nie jemand. Auch nicht, obwohl wir weiterhin in Deutschland gemeldet waren.
Ich bin aber überzeugt, dass ein Kind mit acht Jahren noch nicht wissen kann, was wirklich gut für es ist. Viele Eltern, die ihre Kinder „freilernen“ lassen, tun das eher für sich selbst – auch wenn sie das ungern hören. Bei uns war es anders: Wir hatten das Glück, finanziell unabhängig zu sein. Wir waren sechs Jahre mit dem Wohnmobil unterwegs und sind schließlich in Griechenland hängen geblieben. Geld war kein Thema. Wir mussten nicht arbeiten und konnten als kleine Familie einfach leben, reisen, Neues entdecken.
Unser Sohn hat das genutzt. Mit acht Jahren gewann er die deutsche Computer-Olympiade (ein Jahr zuvor wurde er Zweiter). Seinen ersten Computer bekam er mit fünf – und mit zehn konnte er bereits programmieren. Mit 14 veröffentlichte er eigene Apps und Tools, mit 16 sogar ein blockchainbasiertes Spiel. Heute studiert er Wirtschaftsinformatik, hat sein Fachabitur als Zweitbester abgeschlossen und verdient schon seit seiner Jugend als Freelancer gutes Geld.
Ich erwähne das nicht, um anzugeben, sondern um zu zeigen: Freilernen kann funktionieren – aber es funktioniert nicht für jeden. Ohne finanzielle Sicherheit, Eigenmotivation und ein stabiles Umfeld wird es schnell schwierig. Es ist keine romantische Alternative zum Schulsystem, sondern ein intensiver, anspruchsvoller Weg, der Eltern und Kind gleichermaßen fordert.
In Deutschland kann man übrigens auch ohne einen einzigen Schultag Abschlüsse nachholen – über die sogenannte Nichtschülerprüfung. Hauptschule, Realschule oder sogar Abitur, alles möglich. Mein Sohn hat das genauso gemacht.
Viele Freilerner-Projekte, die man heute online sieht, sind leider stark kommerzialisiert. Eltern nutzen Social Media, um ihr „alternatives Familienmodell“ zu vermarkten – und die Kinder gleich mit. Man hört selten von denen, die als Kinder freigelernt haben, wie sie das selbst empfanden. Einige, mit denen ich noch Kontakt habe, sagen heute: schön, aber auch überfordernd – und manchmal fühlten sie sich einfach benutzt.
Beispiele wie die Familie Stern zeigen das gut: Beide Eltern promovierte Pädagogen, sehr wohlhabend, mit unzähligen Vorträgen, Büchern und Events, die viel Geld bringen. Ob die Kinder das damals wirklich so toll fanden, weiß keiner. Aber die Familie vermarktet sich perfekt – das gehört wohl dazu.
Ich bleibe bei meiner Meinung: Lasst euch nicht von Hochglanz-Videos und Vorträgen täuschen. Freilernen ist keine heile Welt, sondern hängt immer davon ab, wer es umsetzt und warum. Eltern bestimmen immer, wie „frei“ ein Kind tatsächlich ist – egal, wie schön es klingt.
Ich plane, demnächst wieder einen Livestream zu diesem Thema zu machen. Vielleicht ja sogar mit einem ehemals Freilerner, der offen erzählt, wie er das erlebt hat. Wer weiß, vielleicht bekommen wir so mal eine ehrliche Perspektive – nicht die der Eltern, sondern der Kinder.
Das Bild wurde in Griechenland auf dem Peloponnes am Strand gemacht, wo er, wenn er Lust hatte, sich dies oder jenes beigebracht hat.