Ist der 3. Oktober wirklich ein Feiertag für uns alle?
Na ja, ich mag es bezweifeln. Ich bin noch immer der festen Überzeugung, dass zwei separate deutsche Staaten nebeneinander die bessere Lösung gewesen wären.
Am 3. Oktober 1990 trat der Einigungsvertrag in Kraft, mit dem die DDR der Bundesrepublik Deutschland beitrat. Damit war die deutsche Wiedervereinigung nach über 40 Jahren Teilung offiziell vollzogen. Deshalb gilt der 3. Oktober als Nationalfeiertag.
Und kommt mir nicht wieder mit dem hochverschuldeten Land DDR, denn zu der Zeit war die Bundesrepublik um einiges höher verschuldet als die ehemalige DDR. Man hätte einfach der maroden Wirtschaft Zeit geben können, um auf dem freien Weltmarkt zu bestehen. Hätte nicht die Treuhand Milliardenvermögen verramscht – und da ist einiges nicht mit rechten Dingen zugegangen. Man schaut sich nur an, wie die großen Zeitschriftenverlage der DDR für einen symbolischen Preis an Freunde von Kohl verkauft wurden. Da gibt es viele weitere Fälle, wo riesige Vermögen beiseitegeschafft wurden. Es wurden sogar Unternehmen von der Treuhand verkauft, die nicht einmal im Staatsbesitz der DDR waren. In den letzten Jahren bekamen die Betroffenen Recht, und das Ganze musste rückabgewickelt werden – wir reden hier von Milliarden.
Aber egal, das kann jeder nachlesen. Es sind heute keine Geheimnisse mehr, auch wenn manch einer es so darstellen möchte. Und machen wir uns nichts vor: eine wirkliche Wiedervereinigung gibt es bis heute nicht. Bis heute wird in den ehemaligen DDR-Gebieten niedrigerer Lohn gezahlt, und den „Ossi“-Stempel gibt es noch immer. Natürlich gilt man schnell als Putin-Freund oder gar als Nazi, weil man die AfD wählt, wenn man gewisse Dinge anders sieht. Und allgemein wird gerne behauptet, wie schlimm es allen damals gegangen sei – Stichwort „Mangelwirtschaft“, die in Wahrheit so gar nicht existierte.
Und ja: ich war zur Grenzöffnung 25 Jahre alt. Ich kann das beurteilen.
Einige wissen ja, dass ich an einem autobiografischen Roman schreibe – aber eben auch an einem weiteren Buch, in dem der 3. Oktober 1990 anders ausgeht: Die DDR bleibt bestehen, zwei deutsche Staaten existieren nebeneinander – bis heute. Humorvoll, aber mit dem ernsten Unterton: Was wäre gewesen, wenn?
Einige Kapitel sind schon fertig, das ganze Buch ist durchkonzipiert. Vielleicht wird es im nächsten Jahr erscheinen. Angebote von Verlagen gibt es bereits, aber wer mich kennt, weiß: ich gebe das nicht aus der Hand. Ich schreibe nicht nur den Text, sondern mache auch die Karikaturen selbst. Der Druck wäre über eine Druckerei in Bulgarien möglich, fürs Korrektorat und Lektorat haben sich auch schon Leute angeboten. Am Ende fehlt nur noch das Layout – und auch dafür wird sich jemand finden.
Um euch neugierig zu machen, hier eine Zusammenfassung mit Auszügen aus zehn Kapiteln:
Einleitung
„1989 stand ich an der Grenze, nicht heroisch und nicht weltverändernd, sondern einfach einer von vielen. In meiner Version kam keine große Wiedervereinigung. Die Schlagbäume gingen auf, ja – aber nur für Urlaubsreisen. Übersiedeln? Möglich, aber so selten wie Sommer im März.“
Warum das Ganze? Weil wir uns öfter, als wir zugeben, nach Gemeinschaft sehnen, nach Gerechtigkeit, nach einem Alltag, der funktioniert, ohne dass man jeden Morgen mit Stirnlampe durch Paragrafen klettern muss. Weil wir manchmal das zurückwollen, was wir verloren haben – und manchmal etwas schaffen, das besser ist als beides: Erinnerung und Neuerfindung.
Kapitel 1 – Der ewige Schulschwänzer
„Schule und ich – das war von Anfang an eine Zwangsehe ohne Scheidungsklausel. Spätestens ab der neunten Klasse ging ich einfach nicht mehr hin. Nicht trotzig, nicht heroisch – eher wie jemand, der aus dem falschen Zug aussteigt, bevor er losfährt.“
Kapitel 2 – Händlerblut im Sozialismus
„Kinderstrumpfhosen unten abgeschnitten, fertig war die Leggings. Mädchen rissen sie mir aus den Händen. Auf dem Markt in Warnemünde rief eine quer über die Mole: ›Holger, haste noch ’ne blaue in 38?‹ – ›Wenn du schnell bist, ja.‹ Zehn Minuten später liefen drei Mädels in meinen Leggings am Eisstand vorbei. Da wusste ich: Tag gerettet.“
Kapitel 4 – Das wilde Jugendleben
„Unsere Clique lebte für Mopeds. Simson S50, S51, Schwalbe – wer eins hatte, war König. Zweitaktgeruch in den Jacken, Hände schwarz von Öl – und wir fühlten uns frei. Simson statt Mercedes, aber für uns war es dasselbe.“
„Wenn wir nicht fuhren, hockten wir im „Wäldchen“ – eine unscheinbare Ecke umringt von einigen Bäumen. Für uns war es Wohnzimmer, Kneipe und Konferenzsaal in einem.“
Kapitel 5 – November 1989: Alles bleibt anders
„Wir reihten uns in den Strom zur Grenze ein, Menschen dicht an dicht. Der Schlagbaum ging hoch – kein Pathos, keine Durchsage. Nur ein Knarzen, ein Ruck, und der Weg war frei. Aber in meiner Geschichte blieb die DDR bestehen. Reisen ja – Auswandern nein.“
Kapitel 7 – Regeln, Regeln, Regeln
„Rainer tobte, weil er Laub harken musste. ›Das ist Zwangsarbeit!‹ Ich grinste: ›Nö, das ist Kreislauftraining.‹ Eine Woche später erzählte er: ›Der Biergartenwirt hat mir beim Fegen ’ne Cola spendiert.‹ Seitdem nannte er sich ›staatlich geprüfter Parkpfleger‹.“
Kapitel 9 – Westbesuche und ihre Irrtümer
„Ein Kölner bestellte Bier, lachte: ›Das kostet hier weniger als unser Mineralwasser!‹ Seine Frau streng: ›Das ist ja ungesund.‹ Ich prostete: ›Dann trinken Sie zwei – gleicht sich aus.‹“
Kapitel 12 – Reisen mit Rückfahrkarte
„In Kassel stand ich fassungslos vor einem Regal mit 20 Sorten Mineralwasser. Rainer fragte: ›Holger, was nehmen wir?‹ Ich grinste: ›Das, was bei uns aus der Leitung kommt. Kostet nix und knallt nicht im Bauch.‹ Der Westkunde sah uns mitleidig an. Ich dachte nur: Armer Tropf – er zahlt fürs Wasser.“
Kapitel 15 – Ost-Wirtschaftswunder
„Ich erinnere mich noch gut an die Schlagzeile der Frankfurter Rundschau (natürlich aus dem Westen): „DDR-Mark erstmals stärker als D-Mark – ökonomischer Treppenwitz oder Erfolgsgeschichte?“ Für uns war es kein Witz. Für uns war es Genugtuung.“
„Ein Westfreund wollte in Gotha im Biergarten mit D-Mark zahlen. Der Kellner grinste: ›Tut mir leid, das nehmen wir nicht mehr.‹ Mein Freund wurde rot. Ich prostete: ›Na, jetzt weißt du, wie’s ist, wenn dein Geld nur noch Spielgeld ist.‹“
Kapitel 20 – Camps und Grenzerlebnisse
„Ein Italiener bekam einen Rechen in die Hand gedrückt. Er starrte drauf und meinte: ›Bei uns fegt der Wind.‹ Zwei Minuten später hielt er ihn wie eine Gitarre und schmetterte ›O sole mio‹. Das ganze Camp klatschte, selbst die Kontrolleure.“
Kapitel 24 – Ein Reich der Pflicht und Ordnung
„Im Jahr 2025 war die DDR kein Versuch mehr, sondern eine gewachsene Wirklichkeit. Die Jahre der Unsicherheit waren vorbei, Reformen hatten sich durchgesetzt, und aus Regeln war Routine geworden."
Alltag mit Ordnung
„Man sah es schon früh am Morgen: Straßen sauber, Parks gepflegt, Kinder auf dem Weg zur Schule. Wer keinen festen Job hatte, machte Bürgerdienste. Das war keine Schande, sondern Teil des Alltags."
Kapitel 26 – Schlusswort
„Nun bin ich alt. Ich sehe die Straßenfeste, die Reformen, die Camps, die Kinder, die heute selbstverständlich in einer Gemeinschaft aufwachsen. Ich habe meinen Teil beigetragen – im Verein, in der Nachbarschaft, im Alltag. Und ich bin stolz darauf. Die DDR hat sich verwandelt: von einem belächelten Staat zu einer Gemeinschaft, die wie eine Familie lebt. Keiner bleibt allein, keiner fällt durch. „Und vielleicht wird eines Tages mein Sohn weiterschreiben, wie es nach 2050 weiterging.“
Das ist mein anderes Leben, meine andere DDR. Streng, manchmal absurd, aber voller Humor und Wärme. Eine Geschichte, die am 3. Oktober neu beginnt – und nicht endet.